Keinen reinen Wein eingeschenkt
Die Weinhandelskontrolle hat letztes Jahr 29 Betriebe wegen schwerwiegender Verstösse angezeigt. Um welche Weine und Betriebe es sich handelt, erfährt die Bevölkerung nicht. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Geheimniskrämerei abgesegnet. Das zuständige Bundesamt findet das richtig.
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saldo 11/2017
02.06.2017
Letzte Aktualisierung:
07.06.2017
Thomas Lattmann
Letztes Jahr schütteten Kellereien oder Weinhändler in 13 Fällen verschiedene Jahrgänge zusammen, obwohl auf den Flaschen ein bestimmter Jahrgang angegeben war. Oder sie vermischten unerlaubterweise und entgegen der Deklaration Trauben unterschiedlicher Herkunft. Das ergaben Stichproben der Schweizer Weinhandelskontrolle. In weiteren elf Fällen fanden die Kontrolleure «täuschende Etiketten» oder stellten andere Falschdeklarationen fest. Insg...
Letztes Jahr schütteten Kellereien oder Weinhändler in 13 Fällen verschiedene Jahrgänge zusammen, obwohl auf den Flaschen ein bestimmter Jahrgang angegeben war. Oder sie vermischten unerlaubterweise und entgegen der Deklaration Trauben unterschiedlicher Herkunft. Das ergaben Stichproben der Schweizer Weinhandelskontrolle. In weiteren elf Fällen fanden die Kontrolleure «täuschende Etiketten» oder stellten andere Falschdeklarationen fest. Insgesamt verzeigte die Weinhandelskontrolle 29 Schweizer Weinhandelsbetriebe wegen schwerwiegender Verstösse – acht mehr als im Vorjahr. Bei der Schweizer Weinhandelskontrolle handelt es sich um eine branchenfinanzierte Stiftung, die im Auftrag des Bundes die Einhaltung der Regeln überwacht.
Wer die fehlbaren Betriebe sind und um welche Weine es sich handelt, erfahren die Konsumenten allerdings nicht. Die Weinhandelskontrolle verweigert die Information der Öffentlichkeit.
Öffentlichkeitsgesetz gilt nicht für dieses Kontrollorgan
saldo und ein Kläger aus der Westschweiz verlangten gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz die Angabe der verzeigten Weinhandelsbetriebe und der betroffenen Weine. Doch das Bundesverwaltungsgericht entschied, dass das Öffentlichkeitsgesetz für die schweizerische Weinhandelskontrolle nicht gilt. Die Weinhandelskontrolle handle zwar im Auftrag des Bundes, sie sei aber privatrechtlich organisiert und nicht Teil der Bundesbehörden. Laut Philippe Hunziker, Geschäftsführer der Weinhandelskontrolle, können private Organisationen Kontrollen ebenso objektiv und kritisch durchführen wie eine staatliche Behörde. «Die Schweizer Weinbranche muss mit Qualitätsweinen punkten und hat kein Interesse an schwarzen Schafen.»
Verlangt sind Informationen «in geeigneter Form»
Im Entwurf der revidierten Weinverordnung steht neu, dass die Weinhandelskontrolle die Öffentlichkeit «in geeigneter Form» über die Ergebnisse informieren muss. Die bisherige Heimlichtuerei wird sich aber nicht ändern: Das Bundesamt für Landwirtschaft sagt auf Anfrage von saldo, die Weinhandelskontrolle habe das Geschäftsgeheimnis der ihr unterstellten Betriebe zu wahren. Sie müsse auch künftig nur «in anonymisierter und quantifizierter Form» über die Resultate informieren.
Weinliebhaber in der Schweiz haben somit die Wahl: Sie trinken blind, was ihnen die Branche vorsetzt. Oder sie meiden Schweizer Weine so lange, bis ihnen reiner Wein eingeschenkt wird.