Ein Smart Meter misst den Stromverbrauch und meldet ihn in Echtzeit an den Energielieferanten. Zudem soll das elektronische Gerät den Kunden helfen, den Verbrauch zu analysieren und so Strom zu sparen.
Doch einige Smart Meter fallen durch massive Messfehler auf. Das ergab eine Studie der Universität Twente in den Niederlanden. Auslöser der Studie waren Beschwerden von Konsumenten. Sie hatten sich nach dem Wechsel von mechanischen auf elektronische Stromzähler darüber beklagt, dass ihr Energieverbrauch anstieg und ihre Stromrechnungen deutlich höher ausfielen.
Zähler mit Rogowskispule mass 582 Prozent zu viel
Die Forscher prüften neun handelsübliche elektronische Stromzähler mit Baujahr 2004 bis 2014. Resultat: Fünf der neun Zähler meldeten bei einer Versuchsanordnung mit modernen Stromspar- und LED-Leuchtmitteln Werte, die weit über dem tatsächlichen Stromverbrauch lagen. In einem Extremfall war die Angabe 582 Prozent zu hoch. Alle fünf fehlerhaften Geräte verwendeten eine sogenannte Rogowskispule.
Diese Art von Strommesser verträgt sich offenbar schlecht mit vielen modernen energiesparenden Geräten. Die übrigen elektronischen Zähler im Test beruhen auf dem Shunt-Prinzip oder sie verwenden Hall-Sensoren. Diese Smart Meter massen korrekt oder viel genauer.
Das Rogowskiprinzip ist bei modernen Stromzählern die weltweit verbreitetste Messtechnik. Sie kommt auch in der Schweiz zum Einsatz. Die BKW Energie in Bern versorgt 330 000 Haushalte mit Strom. Davon haben laut BKW 43 180 einen Zähler mit Rogowskispule. Diese seien aber weniger anfällig auf Störungen als jene, die in der niederländischen Studie geprüft wurden. Das Basler Stromunternehmen IWB gibt an, 55 000 Geräte mit Rogowskispule in Umlauf zu haben. Auch bei der Aare Energie in Olten, der EWL in Luzern sowie bei den Regionalwerken Baden AG kommen solche Zähler zum Einsatz.
Der wichtigste Lieferant von Stromzählern in der Schweiz ist Landis+Gyr mit Sitz in Zug. Laut Mediensprecher Thomas Zehnder ist ein «beträchtlicher Anteil» der Haushaltzähler von Landis+Gyr mit einem der Rogowskispule ähnlichen Messwerk bestückt. Landis+Gyr kritisiert die Untersuchungsergebnisse der Universität Twente. Die Zähler seien einem Szenario ausgesetzt gewesen, «das keinen real zu erwartenden Umständen entspricht». Solche Verhältnisse seien in üblichen Haushalten «extrem unwahrscheinlich». Ferner erklärt der Sprecher, dass alle Landis+Gyr-Geräte die gesetzlichen Normen und Vorschriften problemlos erfüllten.
Laut dem Eidgenössischen Institut für Metrologie (Metas) sind die Anforderungen an Smart Meter so definiert, dass «Fehlmessungen mit elektronischen Zählern im normalen Gebrauch mit ausreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden können». Die Tests der Universität Twente seien nicht unter üblichen Gebrauchs-, sondern unter Laborbedingungen durchgeführt worden.
Nationale Institute überprüfen Vorgaben für Stromzähler
Allerdings: Aufgrund der niederländischen Studienergebnisse wollen mehrere nationale Metrologieinstitute nun überprüfen, ob die Anforderungen an Zähler verschärft werden müssen. Ein internationales Forschungsprojekt – mit Beteiligung des Metas – ist in Vorbereitung. Studienautor Cees Keyer von der Universität Twente ist überzeugt, dass die geltenden Zähleranforderungen überholt sind. Sie berücksichtigten moderne Geräte sowie LED- und Sparlampen zu wenig.
Teure Nachprüfung
Wer glaubt, dass sein Zähler einen zu hohen Stromverbrauch misst, kann beim Elektrizitätswerk eine Überprüfung verlangen. Doch die niederländischen Forscher schreiben, aktuelle Prüfgeräte seien bei Zählern mit Rogowskispule überfordert.
Findet das E-Werk bei der Nachprüfung eines Stromzählers keinen Fehler, gehen die Kosten des Tests voll zulasten des Kunden. Das steht in der Messmittelverordnung des Bundes. Die BKW in Bern zum Beispiel verlangen von ihren Kunden in solchen Fällen 250 Franken, die IWB in Basel – abhängig vom Aufwand – zwischen 300 und 400 Franken.