Kein Prämienschock wegen Corona
Tausende von ausgefallenen Operationen führen in den Spitälern zu einem Defizit von rund zwei Milliarden Franken. Prämienzahler dürfen nicht zur Kasse gebeten werden.
Inhalt
saldo 10/2020
26.05.2020
Max Fischer
Die Coronapandemie hat die Spitäler selbst zu Notfallpatienten gemacht. Das Kantonsspital Baselland etwa «musste in den ‹schneidenden› Disziplinen gegen 1000 Eingriffe verschieben», sagt Sprecherin Anita Kuoni. Sie rechnet mit einem Einnahmeausfall von 22 Millionen Franken. Im Unispital Zürich fehlen gegenüber dem Budget rund 75 Millionen. Hochgerechnet auf die etwa 150 Zentrums- und Grundversorgungsspitäler sowie Spezialkliniken klafft in den Bet...
Die Coronapandemie hat die Spitäler selbst zu Notfallpatienten gemacht. Das Kantonsspital Baselland etwa «musste in den ‹schneidenden› Disziplinen gegen 1000 Eingriffe verschieben», sagt Sprecherin Anita Kuoni. Sie rechnet mit einem Einnahmeausfall von 22 Millionen Franken. Im Unispital Zürich fehlen gegenüber dem Budget rund 75 Millionen. Hochgerechnet auf die etwa 150 Zentrums- und Grundversorgungsspitäler sowie Spezialkliniken klafft in den Betriebsrechnungen gesamtschweizerisch eine Lücke von rund 2 Milliarden.
Wer soll das bezahlen? In Bern und Graubünden sagten die Kantone Unterstützung zu. Anders in Zürich: «Wenn der Bund den Spitälern das Operieren verbietet, dann muss er auch die Ausfälle bezahlen», meinte Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli in der NZZ. Für Dorit Djelid vom Spitalverband H+ ist klar: «Ziel ist eine nationale Lösung.» Für ungedeckte Covid-19-Zusatzkosten möchte der Verband allerdings auch die Krankenkassenreserven anzapfen.
Zahlen am Schluss also die Prämienzahler die Zeche? Dazu gibts im Gesetz keine Grundlage. Die Krankenkassen müssen nur für die Behandlungen der Kranken aufkommen – und dies nur im Rahmen der geltenden Tarife. Darin sind die beanspruchten Geräte und die Schutzmassnahmen des Personals inbegriffen. Einnahmeausfälle der Spitäler können nicht auf die Patienten überwälzt werden. Und die Prämien für das nächste Jahr werden gemäss Gesetz gestützt auf die 2021 zu erwartenden Behandlungskosten festgelegt – nicht im Hinblick auf die Kosten des Vorjahres.
Die Krankenkassenreserven betragen zurzeit rund 8 Milliarden. Sie sind gemäss Gesetz dazu da, unvorhersehbar hohe Behandlungskosten zu decken – aber nicht die Ertragsausfälle der Spitäler. Diese Meinung vertritt auch Avenir Suisse: «Eine Beteiligung der Krankenkassen an diesen Kosten wäre systemfremd», schreibt die Wirtschaftslobby in ihrem neusten Bericht zur Coronapandemie.