Kreditkarten sind sicherer als Bargeld! Damit werben zurzeit die in der Schweiz aktiven Kreditkartenunternehmen. Sie verweisen dabei auf einen «Test» von Cashless.ch, der Interessengemeinschaft der Kreditkartenfirmen.
Im «Test» führte eine Werbefigur namens Tony Card in Bern, Basel, Zürich und Lausanne je einen zehnminütigen Versuch mit versteckter Kamera durch. Tony Card legte eine Kreditkarte und eine 20er-Note auf das Trottoir und schaute, wie die Passanten reagieren. Resultat: Die meisten schnappten sich die Note. Die Kreditkarte liessen sie liegen. Der messerscharfe Schluss von Tony Card im Werbefilm auf Youtube: «Kreditkarten sind wirklich sicherer als Bargeld.» Die gleiche Botschaft erhielten auch Zehntausende in einem Werbebrief per Post.
Kunden zahlen mehrfach Gebühren auf den Karten
Die Werbung hat System: Seit Jahren versuchen die Kartenherausgeber die Kunden von den Vorteilen des bargeldlosen Zahlens zu überzeugen. Immer wieder auch vergeblich. 1997 lancierte Europay, die schweizerische Vertriebsgesellschaft für EC-Karten, den Cash-Chip auf der Plastikkarte. «Münz war gestern», versprach der Slogan. Die Idee: Man lädt am Bancomaten bis zu 300 Franken auf den Chip. Doch trotz teurer Kampagnen wurde die Karte zum Flop und verschwand vom Markt.
Aktuell sorgt der Einsatz eines Chips in der Kreditkarte erneut für Probleme. Die neuen Kreditkarten machen das kontaktlose Zahlen möglich – ohne Unterschrift oder Passwort (saldo 4/14). Sie sind mit einfacher Software zu knacken.
Das bargeldlose Zahlen lohnt sich nicht für die Kartenbesitzer, sondern für die Herausgeber: Kreditkarteninhaber zahlen eine Jahrespauschale für die Karte plus Zuschläge für Einsätze im Ausland. Und geht die Karte verloren, kostet das wieder Geld. Die Herausgeber verlangen auch von den Läden und Dienstleistern Geld – im Durchschnitt 0,95 Prozent des Umsatzes.
Die EU-Kommission will diese Gebühren in der EU für grenzüberschreitende – später auch für nationale Transaktionen – auf 0,3 Prozent senken. Die Kommission erhofft sich, dass Europas Händler ihren Kostenvorteil von 6 Milliarden Euro pro Jahr den Konsumenten in Form von tieferen Preisen weitergeben.
Daten über das Einkaufsverhalten der Kunden sind Gold wert
In der Schweiz läuft gegenwärtig eine Untersuchung der Wettbewerbskommission über die Transaktionsgebühren beim Einsatz von Kreditkarten. Bis Ende Jahr will die Weko nach eigenen Angaben eine Lösung präsentieren.
Die Bewerbung des Umstiegs auf bargeldlosen Zahlungsverkehr hat einen weiteren Grund: Für die Kartenherausgeber sind die Einkaufsdaten der Kunden bares Geld. Je genauer deren Einkaufsverhalten bekannt ist, desto mehr kann man ihnen verkaufen. Das ist der Hauptzweck der Kundenkarten von Migros, Coop, Manor & Co. Über längere Zeit ergibt sich daraus ein detailliertes Bild über die Kaufgewohnheiten. Bemerkenswert ist, dass Coop im Kleingedruckten der Supercard schreibt, dass auch «gesundheitsrelevante Daten, die in Zusammenhang mit den Einkäufen stehen», gesammelt würden. Mehr noch: Die Supercard-Daten würden durch solche von anderen Stellen ergänzt, etwa über die Einkommensverhältnisse.
Der Handel mit Daten floriert weltweit. 6,3 Milliarden Dollar gaben Autoverkäufer, Versicherungen, Reiseveranstalter und andere Werbetreibende laut dem US-Marktbeobachtungsunternehmen Transparency Market Research schon 2012 weltweit aus, um an Daten möglicher Kunden zu gelangen. 500 Millionen Konsumenten weltweit – auch in Europa – führt etwa der US-Konzern Acxiom in seiner Datenbank. Die Firma aus Little Rock, Arkansas, erfasst nicht nur Hautfarbe, politische Einstellungen oder Feriengewohnheiten einzelner Bürger, sondern auch Allergien oder die Neigung zum Glücksspiel.