Alle zwei Jahre reinigt und kontrolliert der Kaminfeger von Gesetzes wegen die Gasheizung und den Kamin im Einfamilienhaus der Familie Richter (Name geändert) in Pratteln BL. Zu tun hat er kaum etwas, denn es handelt sich um eine moderne Anlage. Die letzte Rechnung betrug 88 Franken.
Möglicherweise kann Familie Richter in Zukunft selbst bestimmen, welcher Fachmann ihre Heizung wartet – und in welchen Zeitabständen. Das neue Baselbieter Gesetz über die Brand- und Elementarschadenprävention sieht vor, das Kaminfegerobligatorium abzuschaffen. Das Kantonsparlament stimmt voraussichtlich noch vor den Sommerferien darüber ab.
Zurzeit sind alle Liegenschaftsbesitzer verpflichtet, die Heizungsanlagen nach einem festen Intervall auf Mängel kontrollieren zu lassen. Zuständig dafür sind die Kaminfeger. Im neuen Gesetz heisst es nur noch, dass Eigentümer oder Nutzer von Feuerungsanlagen bestimmte Sorgfaltspflichten beachten müssen.
Auch andere Fachleute zugelassen
Zudem wird gesetzlich vorgeschrieben, Feuerungsanlagen periodisch durch eine Fachperson überprüfen und warten zu lassen. Laut László Koller, Leiter Brandschutzinspektorat Baselland, muss das nicht mehr zwingend ein Kaminfeger sein, sondern auch ein Heizungsinstallateur, ein Servicetechniker eines Heizungsherstellers oder ein Hafner kommen in Frage. Auch die Häufigkeit der Kontrolle ist nicht mehr festgeschrieben.Koller: «Es ist heute nicht mehr sinnvoll, alle Anlagen über einen Leisten zu schlagen und wie bisher streng zu kontrollieren.» Wer seine Wartungspflicht nicht wahrnehme, könne im Schadenfall haftbar gemacht werden.
Koller begründet den Schritt mit der technischen Entwicklung. Die gestiegenen Anforderungen an Luftreinhaltung, Sicherheit und Energieeffizienz hätten dazu geführt, dass heutige Anlagen sparsamer seien und die Verbrennung besser funktioniere als früher.
«Das ist ein Spiel mit dem Feuer»
Michel Abt, Präsident des Kaminfegerverbands Baselland, räumt ein, dass sich die Technik der Feuerungsanlagen weiterentwickelt hat. Er behauptet aber, es seien noch viele ältere Anlagen in Betrieb. Und auch neue Heizungen bedürften der regelmässigen Wartung.
Er befürchtet, dass Eigentümer oder Nutzer von Heizungen ihre Unterhaltspflicht nicht mehr genügend wahrnehmen, wenn das Obligatorium aufgehoben wird: «Das kann im wahrsten Sinne des Wortes ein gefährliches Spiel mit dem Feuer sein.»
Eine düstere Zukunft prophezeit dem Kanton Baselland auch Stephan Gisi, Geschäftsführer des schweizerischen Kaminfegermeister-verbands: «Wenn das Obligatorium fällt, wird es langfristig mehr Brände geben, die Emissionsgrenzwerte der Heizungen werden nicht mehr eingehalten und der Energieverbrauch wird steigen.» Gisi findet die freie Wahl des Kaminfegers eine berechtigte Forderung. Die Abschaffung des Obligatoriums geht ihm aber zu weit.
Obligatorium auch andernorts umstritten
Eine flächendeckende Aufhebung des Obligatoriums erachtet auch die Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen «nicht als sinnvoll». Neue Öl- und Gasfeuerungen stellten zwar ein geringes Brandrisiko dar und ältere Anlagen müssten wegen der Vorschriften ohnehin erneuert werden. Von Holzfeuerungen gehe aber eine «grössere Brandgefahr» aus und der Reinigungsbedarf sei entsprechend höher.
Dennoch könnte das Kaminfegerobligatorium nebst Baselland in weiteren Kantonen fallen: In Bern und Luzern stehen entsprechende Gesetzesrevisionen an. In Solothurn kommt bald ein Gesetzesentwurf in die Vernehmlassung. Er sieht die Abschaffung des Obligatoriums vor.
Kaminfeger-Monopole
In der Schweiz gibt es rund 400 Kaminfegerbetriebe. Diese sind von den Kantonen beauftragt, Kamine und Heizanlagen in einem vorgeschriebenen Turnus zu reinigen und zu kontrollieren. In den meisten Kantonen besteht ein Kaminfegermonopol. Das heisst, der Eigentümer oder Nutzer der Heizung kann den Kaminfeger nicht frei wählen. Der Kanton teilt den Kaminfegerbetrieben fixe Gebiete zu und schreibt auch die Tarife vor.
In den Kantonen BS, GL, OW, SH, SZ, UR, TI und ZH ist das Kaminfegerwesen liberalisiert. Hier beauftragt der Hausbesitzer einen vom Kanton anerkannten Kaminfegerbetrieb. In den Kantonen ohne Monopol bilden sich die Preise im freien Wettbewerb. Die Erfahrung zeigt, dass in den liberalisierten Kantonen die Preise für die Kunden eher steigen als sinken.