Im Corona-Jahr 2020 stieg die Zahl der Arbeitslosen in der Schweiz um 50 000 auf aktuell 170 000 Personen. Viele der Entlassenen wissen nicht, dass sie verpflichtet sind, schon ab Erhalt der Kündigung intensiv nach einer neuen Stelle zu suchen.
Laut dem Freiburger Amt für den Arbeitsmarkt werden 8 bis 12 Bewerbungen pro Monat gefordert. Wer sich nicht oder ungenügend darum kümmert, verliert Taggelder. Die Zahl solcher Sanktionen steigt gemäss dem Amt «seit einigen Jahren kontinuierlich an».
Ein Tag Verspätung kostet bis neun Taggelder
Wer sich während einer dreimonatigen Kündigungsfrist ungenügend bewarb, wird von den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) mit 9 bis 12 Einstelltagen bestraft. Ein Einstelltag entspricht einem gestrichenen Taggeld. Wer sich während der Kündigungsfrist gar nicht bewirbt, verliert 12 bis 18 Taggelder. Den Tarif gibt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) durch, eine Abteilung des eidgenössischen Departements für Wirtschaft. Das Seco erlässt die entsprechenden Weisungen für die Arbeitsämter und Arbeitslosenkassen.
Auch wer nach der Anmeldung beim RAV seine Arbeitsbemühungen ein, zwei Tage zu spät einreicht, wird bestraft. Es drohen 5 bis 9 Einstelltage. Vor zehn Jahren wurde noch eine Nachfrist gewährt. Carlo Mathieu von der Gewerkschaft Syna kritisiert: «Die Arbeitslosen werden über die nötige Stellensuche oft nicht oder nicht richtig informiert.»
40 Prozent der Einstelltage wegen zu wenig Bewerbungen
Arbeitslose werden heute viel strenger sanktioniert als früher. saldo analysierte die Entwicklung der Einstelltage zwischen 2002 und 2019 mit Hilfe der Zahlen des Seco. Die Ergebnisse:
Im Jahr 2019 strichen RAV und Arbeitslosenkassen rund 1,44 Millionen Taggelder. Zahlen für 2020 liegen noch nicht vor. Im Jahr 2007 war die durchschnittliche Arbeitslosenzahl fast gleich hoch wie 2019. Damals wurden aber nur 950 000 Einstelltage ausgesprochen. Die Zahl der Sanktionen stieg also in zwölf Jahren um über 50 Prozent an. 2007 wurden den Arbeitslosen noch rund 130 Millionen Franken gestrichen (saldo 8/2008), im Jahr 2019 waren es bereits 227 Millionen Franken.
40 Prozent der Einstelltage gingen 2019 gemäss der Seco-Statistik darauf zurück, dass sich Arbeitslose nicht genügend um eine zumutbare Arbeit kümmerten. Diese Gruppe wird stetig grösser. Weitere 40 Prozent der Taggelder wurden wegen eines anderen Selbstverschuldens der Arbeitslosen gestrichen. Beispiel: Jemand kündigt selbst, ohne eine neue Stelle in Aussicht zu haben. Diese Gruppe wurde im analysierten Zeitraum deutlich kleiner. In solchen Fällen drohen bis zu 60 Einstelltage.
Bis 2007 mussten rund 20 Prozent der Arbeitslosen Einstelltage hinnehmen. 2019 waren es bereits 29,9 Prozent – fast jeder dritte Arbeitslose war davon betroffen.
Das Seco begründet die Zunahme der Strafen mit der «Professionalisierung der öffentlichen Arbeitsvermittlung». Und fügt in bestem Beamtendeutsch an: «Sicher scheint, dass eine rasche und konsequente Aktivierung der Stellensuchenden, die sich auch dem Mittel der Sanktionierung angemessen bedient, erfolgversprechend ist.»