Wasser ist kostbar, aber nicht überall gleich teuer. Ein Blick auf die Preise für Trink- und Abwassergebühren in den 50 grössten Gemeinden zeigt: In der Stadt Zürich und in Bellinzona betragen sie für einen 3-Personen-Haushalt weniger als 330 Franken pro Jahr. In einigen Genfer Gemeinden und in Horgen ZH kosten sie dagegen mehr als 750 Franken. Das zeigt die Gebührenvergleichs-Website des Preisüberwachers. Hausbesitzer zahlen die Gebühren den Gemeindewerken direkt, Mieter über die Nebenkosten.
Die Wassertarife bescheren Preisüberwacher Stefan Meierhans viel Arbeit: Unter allen Gebührenaufschlägen, die ihm die Behörden vorlegen müssen, stehen geplante Verteuerungen bei Trinkwasser, Abwasser und Abfall an erster Stelle. 2023 hatte er 355 Fälle zu beurteilen – knapp 11 Prozent mehr als im Vorjahr. Allein 266 Mal ging es um höhere Gebühren für die Trinkwasserversorgung oder für die Abwasserentsorgung. Meierhans stellte in 85 dieser Fälle keinen Missbrauch fest.
In 62 Fällen war die Untersuchung Ende Jahr noch nicht abgeschlossen. In 119 Fällen sprach Meierhans eine Empfehlung aus. Das heisst: 119 geplante Gebührenerhöhungen waren zu hoch. Inklusive der beanstandeten Aufschläge bei den Abfallgebühren hätten sie den Haushalten Mehrkosten von 12 Millionen Franken beschert. Die Empfehlungen von Meierhans sind nicht verbindlich, sie haben aber Gewicht. Will eine Gemeinde sie nicht befolgen, muss sie dies ausführlich begründen und die Begründung veröffentlichen.
Eine saldo-Erhebung von Ende Mai ergab: Seit 2022 erhöhten 11 der 50 grössten Gemeinden in der Schweiz ihre Trinkwassergebühren, 6 ihre Abwassergebühren (detaillierte Zahlen, siehe PDF). Köniz bei Bern zum Beispiel tat dies per 1. Oktober 2023. Den Gebührenaufschlag bei der Abwasserentsorgung hatte der Preisüberwacher nicht beanstandet, aber jenen bei der Trinkwasserversorgung. Deren Kosten seien mit den bestehenden Gebühren gedeckt, hielt er fest. Der Gemeinderat von Köniz hielt am Aufschlag fest.
Laut den Angaben des Preisüberwachers bezahlen Könizer 3-Personen-Haushalte jetzt fürs Trinkwasser im Durchschnitt rund 31 Franken mehr pro Jahr und für die Abwasserentsorgung rund 11 Franken mehr. Für Einfamilienhäuser mit vier Personen stiegen diese Gebühren um 144 respektive 51 Franken.
Gemeinden spüren keinen Druck, Kosten zu senken
Nahezu alle von saldo befragten Wasser- und Abwasserwerke begründen ihre Aufschläge mit unzureichender Kostendeckung sowie anstehenden Investitionen in die Infrastruktur – etwa in Leitungsnetze, Wasserreservoire oder Kläranlagen. Sie verweisen zudem auf steigende Energiekosten, welche die Wasseraufbereitung verteuern würden, und neue Aufgaben wie die Behandlung von Mikroverunreinigungen in Kläranlagen. Unerwähnt bleibt: Wasserversorgung und Abwasserentsorgung erfolgen im Monopol.
Es gibt kaum Druck, die Kosten zu senken oder die Effizienz zu steigern. St. Gallen hat Letzteres nach eigenen Angaben trotzdem getan. Man habe «aufgrund der unternehmerischen Ausrichtung Effizienzgewinne erreicht», die zu Kostensenkungen beigetragen hätten. Auch würden gemäss jüngsten Prognosen weniger Reserven benötigt als bisher angenommen. Die Folge: tiefere Tarife für die Abwasserentsorgung. St. Galler 3-Personen-Haushalte zahlen seit der Senkung rund 113 Franken weniger als zuvor. Dennoch sind die gesamten Wassergebühren mit 619 Franken pro Jahr noch immer sehr hoch.
Höhere Gebühren ermöglichen raschere Abschreibungen
Die landesweit grossen Gebührenunterschiede haben mehrere Ursachen. Massgeblich sind Lage und Siedlungsstruktur einer Gemeinde. Sie beeinflussen die Kosten von Bau, Betrieb und Unterhalt des Trinkwasserleitungsnetzes. Sie bestimmen auch, «wie gross die Abwasserkanalisation dimensioniert werden muss und ob allfällige Sonderbauten wie Pumpwerke oder Regenrückhaltebecken nötig sind», so der Preisüberwacher. In bergigem Gelände fallen zudem die Kosten für Pumpenergie oft stark ins Gewicht.
Ebenfalls teuer ist die mehrstufige Trinkwasseraufbereitung von See- oder Flusswasser. Daneben spielen aber auch Unterschiede bei den Abschreibungen sowie Zinskosten eine Rolle. Schon im Jahresbericht 2015 kritisierte Stefan Meierhans die teilweise extrem kurzen Zeiten für Abschreibungen, die über die Wassergebühren finanziert wurden.