Internet-Telefone: Verzicht aufs Festnetz wird möglich
Bei modernen Internet-Telefonen muss der Computer nicht mehr eingeschaltet sein. saldo zeigt, worauf man bei der Gerätewahl achten sollte.
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saldo 7/2007
18.04.2007
Andreas Grote
Die Zahl der Schweizer Privatpersonen, die via Internet statt über das Festnetz telefonieren, steigt ständig. Die Technik funktioniert mittlerweile sehr gut, die Gespräche sind teils gratis oder nur halb so teuer wie bei der Swisscom. Mit einem Kabel-Internetanschluss der Cablecom oder einem Internetanschluss, den die Konkurrenz der Swisscom seit dem 1. April anbieten kann, könnte man im Prinzip auf den Festnetzanschluss verzichten. In der Praxis ändert sich dadurch nichts, denn Internet- u...
Die Zahl der Schweizer Privatpersonen, die via Internet statt über das Festnetz telefonieren, steigt ständig. Die Technik funktioniert mittlerweile sehr gut, die Gespräche sind teils gratis oder nur halb so teuer wie bei der Swisscom. Mit einem Kabel-Internetanschluss der Cablecom oder einem Internetanschluss, den die Konkurrenz der Swisscom seit dem 1. April anbieten kann, könnte man im Prinzip auf den Festnetzanschluss verzichten. In der Praxis ändert sich dadurch nichts, denn Internet- und Festnetztelefonie sind keine eigenständigen Netze, sondern funktionieren miteinander.
Voip-Telefonie via Computer: Nur für Gelegenheitsnutzer
Solange Voice over IP (kurz Voip), wie das Telefonieren per Internet genannt wird, nur zum Ausprobieren oder gelegentlich genutzt wird, reicht es aus, wenn sich der Nutzer die meist kostenlose Telefon-Software von der Homepage eines Voip-Anbieters auf den Computer herunterlädt. Die Nummer des Anzurufenden wird über die Tastatur eingegeben. Gehört und gesprochen wird über ein am Computer angeschlossenes Headset, eine Kombination aus Mikrofon und Kopfhörer. Alternativ gibt es auch Telefonhörer, die über den USB-Anschluss an den Computer angeschlossen werden. Ankommende Anrufe müssen ebenso über den Monitor angenommen werden. Nachteil: Der Computer muss ständig eingeschaltet sein.
Internettelefone: Zwei verschiedene Standards
Wenn man dagegen regelmässig oder ausschliesslich per Voip telefonieren will, dann ist es höchst unpraktisch, die Anrufe nur vor dem PC-Bildschirm tätigen zu können. Ein richtiges Voip-Telefon ist die Alternative. Dabei handelt es sich um einen eigenständigen Telefonapparat, der unabhängig vom Computer funktioniert und sich in Bedienung und Komfort nicht von einem Festnetztelefon unterscheidet. Allerdings steckt das Telefonanschlusskabel nicht in der Telefondose, sondern in einem Ethernet-Netzwerksteckplatz des Internet-Routers. Der Router muss daher ständig eingeschaltet sein. Zum Telefonieren müssen die Zugangsdaten des Voip-Anbieters einmalig ins Telefon eingetragen werden.
Die Auswahl an Voip-Telefonen hängt vom Anbieter ab, über den man telefonieren will. Für den Privatnutzer existieren die beiden Standards Sip und Skype. Während Sip von den meisten Voip-Anbietern genutzt wird und der Kunde so die freie Auswahl unter den Anbietern hat, wird Skype nur von der gleichnamigen Firma angeboten. Bis vor kurzem funktionierte Skype nur über entsprechende Skype-Telefonie-Software. Der Computer musste daher ständig eingeschaltet sein. Aufgrund der steigenden Nutzerzahlen auf mittlerweile rund 100 Millionen weltweit haben die Telefonhersteller nun aber reagiert und Skype-kompatible Voip-Telefone auf den Markt gebracht, die auch ohne Computer telefonieren.
Bei Sip-kompatiblen Internettelefonen ist die Auswahl viel grösser. Hier hat der Kunde die Wahl zwischen dem schnurgebundenen Tischtelefon und der schnurlosen Variante. Allerdings können bislang nur die Tischtelefone auch mehrere Voip-Rufnummern (Sip-Accounts) verwalten. Denn im Gegensatz zum normalen Festnetztelefon, dem nur eine einzige Rufnummer zugewiesen ist, kann man mit einem Voip-Telefon quasi wie mit einer kleinen Telefonanlage über mehrere Rufnummern Anrufe wählen und entgegennehmen. Da Voip internetbasiert funktioniert, ist die Nutzung zudem ortsunabhängig: Ob zu Hause, in einer anderen Stadt oder im Ausland - wird das Voip-Telefon in einen Breitband-Anschluss gesteckt, ist man dort unter seiner Sip-Rufnummer erreichbar.
Schnurgebundene Modelle: Erhältlich ab 110 Franken
So können sich mehrere Personen in einem Haushalt ein Voip-Telefon teilen, auch wenn jeder seine persönliche Sip-Rufnummer besitzt. Alle eingehenden Anrufe werden auf diesem Telefon signalisiert, einige Geräte weisen dabei jedem Sip-Account einen eigenen Rufton zu. Die Sip-Accounts müssen dabei nicht alle vom gleichen Voip-Anbieter stammen, denn mancher Voip-Anbieter ist besonders für Gespräche ins Ausland günstig, ein anderer für Anrufe ins Mobilfunknetz.
Günstige Voip-Tischtelefone mit zwei Sip-Accounts gibt es ab 110 Franken. Teurer sind schnurlose Voip-Telefone, die über den WLAN-Funkstandard Verbindung zum Router aufnehmen. Voraussetzung ist daher ein WLAN-fähiger Router. Mit einem solchen Telefon lässt sich dann im Umkreis von zirka 30 Metern um den eigenen Router schnurlos telefonieren. Aber es funktioniert im Prinzip auch in jedem anderen frei zugänglichen WLAN-Netzwerk. Wer sich nicht an Voip allein binden will - immerhin kann man bei einer Internetstörung nicht telefonieren - kann auf sogenannte Hybrid-Telefone ausweichen. Das Siemens Gigaset C 450 ip (Sip) beziehungsweise Philips Voip 8411 B (Skype) empfängt Anrufe per Festnetz und per Voip, bei abgehenden Anrufen kann sich der Nutzer vor dem Wählen zwischen Festnetz und Voip entscheiden.
Ein neues Telefon ist aber nicht zwingend für Voip. Ein Voip-Adapter gestattet den Anschluss bereits vorhandener analoger Telefone, Faxgeräte oder Anrufbeantworter.
Je nach Modell wird der Adapter per Ethernet-Kabel an das ADSL- oder Kabelmodem angeschlossen oder dient als Router und Breitbandmodem. Die Geräte besitzen meist zwei Standard-Buchsen für den Anschluss zweier analoger Endgeräte. Fritz-Box Fon gestattet auch die hybride Nutzung und verbindet den Voip-Adapter zusätzlich mit dem Festnetz.
Nützliche Links: www.fones.ch, www.sipcall.ch
Voip: Wie es funktioniert und was es braucht
Bei Voip wird das Telefongespräch digitalisiert, in kleine Datenpakete gepackt und zwischen E-Mails, Bild-, Musik- und anderen Dateien durch die Internetleitung verschickt, um beim Empfänger wieder in Sprache zusammengesetzt zu werden. Das funktioniert bei Sprachdateien sehr gut, bei Fax-Übertragungen kann es zu Übertragungsfehlern kommen. Der sich langsam verbreitende Fax-over-IP-Standard T.38 soll in Zukunft Faxe aber stabiler übertragen.
Voraussetzung für Voip ist ein Breitband-Internetzugang wie ADSL oder ein internetfähiger Kabelanschluss wie jener der Cablecom. Allerdings macht Voip nicht an jedem Internetanschluss wirklich Spass. Wichtig ist eine schnelle Upload-Rate von mindestens 200 Kilobit pro Sekunde (kBit/s), was heute die meisten Internet-Abos bieten. Denn während es bei den Datenpaketen einer E-Mail nichts ausmacht, wenn sie einige hundert Millisekunden später beim Empfänger ankommen, verschlechtert eine Verzögerung bei der Auslieferung der Sprachdaten die Sprachqualität oder führt zu Aussetzern.
Verbessern kann das ein Voipfähiger ADSL-Router, der Sprachdatenpakete vorrangig ins Internet sendet, um die Sprachqualität hoch zu halten. Wollen mehrere Familienmitglieder im Netz surfen und über Voip telefonieren, ist aber meist ein ADSL-5000-Anschluss mit 500 kBit/s Upload notwendig.