Eine 40 Jahre alte Aargauerin kündigte ihren Internetvertrag auf den 30. Juni 2015. Die Telekomfirma forderte das Modem bis zum 15. Juli zurück. Doch die Kundin reagierte nicht. Daraufhin sandte ihr der Internetprovider für das Modem eine Rechnung über 99 Franken. Die Frau zahlte nicht.
Die Firma beauftragte ein Inkassobüro, um die Forderung einzutreiben. Es verlangte zusätzlich 15 Franken «Mahngebühr», dazu noch einen Pauschalbetrag für «Umtriebe» und für «Inkassokosten». Inklusive Betreibungskosten belief sich die Rechnung auf einen Betrag von gut 300 Franken. Doch die Aargauerin weigerte sich weiter zu zahlen.
Die Internetfirma reichte Klage ein. Vor der Einzelrichterin des Bezirksgerichts Brugg AG begründet ein Mitarbeiter der Firma die Forderung. Er gibt sich siegessicher. Laut einem Formular der Internetfirma habe die Frau das Modem erst im November 2017 zurückgegeben. Die Aargauerin widerspricht nicht. Für den Mitarbeiter ist klar: Die Frau müsse zusätzlich zur Rechnung auch die Kosten für die Schlichtungsverhandlung vor dem Friedensrichter vom Mai 2017 übernehmen. Das sind weitere 300 Franken. Und natürlich die Gebühren für die Gerichtsverhandlung. Auf dem Spiel stehen also rund 1000 Franken.
Beklagte hält Forderungen für nicht gerechtfertigt
Die ehemalige Kundin kann der Zahlenakrobatik wenig abgewinnen. «Ich wäre einverstanden, eine Entschädigung wegen der verspäteten Rückgabe zu zahlen, aber sicher nicht so viel», sagt sie. Der Friedensrichter habe vorgeschlagen, dass man sich bei einem Betrag von 150 Franken treffe. «Aber die Gegenseite war nicht einverstanden, sie wollte alles haben.» Die Kosten für Mahnung, Umtriebe, Inkasso und Betreibung zahle sie nicht. Auch die 99 Franken für das Modem seien nicht gerechtfertigt. Sie habe das Gerät ja zurückgegeben.
Die Einzelrichterin erkundigt sich beim Vertreter der Klägerin nach den Vertragsbedingungen. Alle nötigen Details stünden in der Klageschrift, entgegnet er. Die Richterin widerspricht: Es fehlen Angaben zu Kündigungsmodalitäten, Geräterückgabefristen, Mahngebühren oder Preisen für Modems. Der Internetprovider habe es auch versäumt, die Allgemeinen Vertragsbedingungen beizulegen sowie eine Bestätigung, dass die Kundin sie erhalten hat.
Die Richterin will wissen, ob es überhaupt Allgemeine Vertragsbedingungen gegeben habe. Der Vertreter der Klägerin behauptet: «Wie üblich musste man mit einem Häkchen bestätigen, dass man sie kennt. Das war auch hier der Fall.» Einen Nachweis dafür kann er nicht vorlegen.
Die Richterin präsentiert nach einer halbstündigen Pause einen Vergleichsvorschlag: Der Internetprovider habe das Modem zurückbekommen, deshalb könne er schwerlich den Wiederbeschaffungswert verlangen. Wären ihm wegen der verspäteten Rückgabe Mehrkosten entstanden, hätte er einen entsprechenden Betrag fordern können – das aber habe er versäumt. Die Kundin schulde der Firma auch nichts für «Umtriebe». Und für eine «Inkassogebühr» fehle die rechtliche Grundlage. Nur bei den Abogebühren sei noch ein Betrag offen. Dem Internetprovider stünden somit nur 5 Prozent des geforderten Betrags zu. Verteile man die Friedensrichter- und Gerichtskosten anteilsmässig, so schulde ihm die ehemalige Kundin insgesamt 41 Franken. Der Firmenmitarbeiter akzeptiert den Vergleichsvorschlag zähneknirschend. So kommt er immerhin in den Genuss einer reduzierten Gerichtsgebühr.
Inkassofirmen verlangen unzulässige Zuschläge
Inkassobüros fordern in den meisten Fällen nicht nur die Bezahlung einer angeblich offenen Rechnung. Sie verlangen auch Zuschläge, die teilweise ungesetzlich sind. Grundsätzlich gilt:
Eine Mahngebühr ist nur geschuldet, wenn dies im Vertrag ausdrücklich und betragsmässig vereinbart ist.
Ein Verzugszins ist in der Regel nur ab Erhalt einer Mahnung geschuldet. Er beträgt laut Gesetz 5 Prozent. Das gilt, sofern im Vertrag nichts anderes verabredet wurde.
Beträge für «Verzugsschäden», «Inkassokosten» und Ähnliches müssen bei Geldschulden nicht bezahlt werden. Die Nachteile einer verspäteten Zahlung werden durch die Verzugszinsen gedeckt.
Bei unberechtigten Forderungen sollte man sich auch von einer Betreibungsdrohung nicht einschüchtern lassen. Eine Betreibung kann kostenlos gestoppt werden, indem man Rechtsvorschlag erhebt. Das bedeutet: Die Forderung wird bestritten. Der Ball liegt dann bei der Inkassofirma. Hält sie an der Forderung fest, muss sie Klage bei Gericht einreichen.