Am Bezirksgericht Zofingen AG wird es laut: «Was er macht, ist gezielte Betrügerei!», sagt der Mitinhaber einer Recylingfirma zum Richter. Er ist sichtlich wütend: «Der Kerl schuldet mir 9800 Franken und will einfach nicht zahlen.» Der «Kerl» ist ein junger Mann, der gelangweilt aus dem Fenster schaut. Mehrmals gähnt er – theatralisch und ausgiebig.
Der Richter, eine Gerichtsschreiberin und die beiden Männer sitzen um einen ovalen Tisch. Keiner der beiden hat einen Anwalt. Das Zimmer ist eng und stickig. Der grosse Gerichtssaal ist durch eine andere Verhandlung besetzt.
Der Mitinhaber der Recyclingfirma – der Kläger – erklärt, drei Aufträge erhalten zu haben. Er transportierte für den Beklagten mehrere Container mit Tonnen von Altpapier. «Wir erledigten alle Aufträge, doch der Kerl hat nur eine von drei Rechnungen bezahlt.» 9800 Franken seien offen.
Drei gleiche Fahrten – drei unterschiedliche Preise
Die Buchhaltung habe den Kunden mehrmals gebeten, den Rest zu überweisen. Am Telefon habe es nur faule Ausreden gegeben: Mal seien die Rechnungen verlegt worden, mal habe der Computer nicht funktioniert. Mit der Zeit habe der Schuldner das Telefon einfach aufgehängt.
Der Richter wendet sich dem Beklagten zu. Er soll sagen, weshalb er nicht zahlte. Die Antwort: 180 Franken Stundenansatz seien zu hoch, «das war nicht so abgemacht». Zudem habe die Recylingfirma für die drei gleichen Fahrten unterschiedlich viele Stunden aufgeschrieben. Das habe er dem Unternehmen per E-Mail mitgeteilt. Als der Richter diese Mails sehen will, muss der Mittzwanziger passen: «Ich habe sie nicht dabei. Ich bringe sie ein anderes Mal mit.»
Nun will der Richter vom Kläger wissen, warum der Stundenpreis nicht schriftlich festgehalten wurde. Antwort: «In unserer Branche wird vieles per Handschlag abgemacht.» Er habe aber Zeugen: Seine Sekretärin und sein Bruder seien im Sitzungszimmer gewesen, als der Ansatz von 180 Franken vereinbart wurde.
Aufträge laut Richter korrekt ausgeführt
«Und warum brauchten Sie für die gleiche Route unterschiedlich lange?», will der Richter wissen. Er sei im Stau gestanden, wehrt sich der Firmeninhaber. Zudem habe er bei einer Tour doppelt fahren müssen, weil ihm der Beklagte zuvor falsche Angaben durchgegeben hatte. «Als wir beim Container standen, stellten wir fest, dass er sechs Tonnen mehr wog, als er uns angegeben hatte. Wir mussten zurückfahren und ein grösseres Fahrzeug holen.» Das habe er verrechnet.
Der Richter blickt fragend zum Beklagten. Doch dieser bleibt stumm und starrt auf die weisse Tischfläche. «Das sieht nicht gut aus», unterbricht der Richter die Stille. Die Aufträge seien offenbar korrekt ausgeführt worden. Strittig sei allein der Stundenansatz. Sein Vorschlag: Der Beklagte solle der Recyclingfirma 6000 Franken überweisen.
Das ist dem Firmeninhaber nicht genug: «Ich akzeptiere nichts unter 7500 Franken», sagt er. Erst nach langem Hin und Her steht der Vergleich: Der Beklagte zahlt 6750 Franken. Die Gerichtskosten von 400 Franken teilen sich die Parteien.
Geringe Forderungen, einfacheres Verfahren
Für Geldforderungen bis 30 000 Franken ist an den Gerichten ein vereinfachtes Verfahren vorgesehen. Das bedeutet: Die Klage kann mündlich oder schriftlich eingereicht werden. Erste Station ist meist die Schlichtungsbehörde. Wenn sich die Parteien dort nicht einigen, geht die Sache an das erstinstanzliche Gericht. Enthält die Klage keine Begründung, werden die Parteien zur Verhandlung vorgeladen. Wird die Klage beim Einreichen schriftlich begründet, setzt das Gericht der Gegenseite in der Regel eine Frist zur schriftlichen Beantwortung. Bei Streitigkeiten bis zu 30 000 Franken entscheidet meist ein Einzelrichter oder eine Einzelrichterin.