Die «Veau Pâté» der Coop-Marke Qualité & Prix kommt in einer edlen Aufmachung mit verschnörkelter Schrift daher. «Veau» ist französisch und bedeutet Kalb. Coop schreibt das Produkt auch als Kalbfleischpastete an. Doch mit dem Inhalt hat das wenig zu tun. Kalbfleisch ist zwar auch enthalten, es macht aber laut Deklaration nur 8 Prozent des Inhalts aus.
Zur Hauptsache besteht die Pastete aus Teig, hergestellt mit Schweinefett, und 18 Prozent Sulz, hergestellt mit Schweinegelatine. Je etwa 4 Prozent Schweine- und Pouletfleisch, Speck vom Schwein, noch mal Schweinefett, Schweineleber, Schweineprotein und «Schweinefleischerzeugnis gepökelt».
Das ist kein Einzelfall: Auch die Rapelli-Kalbfleischpastete aus der Migros enthält nur 8 Prozent Kalb, dazu viel Schwein und etwas Poulet.
Kalbswürste enthalten oft mehr als zehn Prozent Schwein
Die Zusammensetzung von Kalbspasteten und Kalbswurstwaren variiert stark. Das zeigt eine Stichprobe von saldo bei über 25 Produkten verschiedener Detailhändler:
- Pasteten: Hero verkauft Kalbfleischpasteten ohne Teig, erhältlich bei Volg, die gemäss Zutatenliste 22 Prozent Kalb enthalten. Die angegebene Prozentzahl bezieht sich jeweils auf den Anteil an allen Zutaten, nicht nur auf den Fleischanteil. Immerhin 35 Prozent Kalb enthält laut Deklaration die Kalbfleischpastete der Coop-Tochter Bell. Und die «Naturaplan Bio Kalbfleisch Pastete» aus dem Coop besteht zu 42 Prozent aus Kalb.
- Ähnlich viel Kalbfleisch steckt in vielen Kalbscipollatas, Kalbsbratwürsten und Lyoner Würsten der Detailhändler. Zwischen 36 Prozent etwa bei der «Bio St. Galler Kalbsbratwurst» von Coop, 37 Prozent bei der «Kalbfleischwurst Tradition IP Suisse» von der Migros und 41 Prozent Kalb bei der «Maestade Kalbs-Cipollata» von Lidl. All diese Würste enthalten über 10 Prozent Schweinefleisch und dazu Speck. Bei Bratwürsten gibt es je nach Bezeichnung andere Vorschriften für die Zusammensetzung.
- Selbst wenn Fleischwaren eindeutig weniger Kalb enthalten als anderes Fleisch, verwenden die Läden das Wort Kalb gern auf Verpackungen. So enthält etwa die «Alpina Poulet-Kalbsbratwurst» von Aldi 38 Prozent Pouletfleisch, 26 Prozent Poulethaut und nur 11 Prozent Kalbfleisch. Und «Malbuner-Fleischkäse mit Kalbfleisch» besteht zur Hauptsache aus Schwein und nur zu 15 Prozent aus Kalb.
Gesetz lässt Etikettenschwindel bei Fleischwaren zu
Weshalb bezeichnen Hersteller und Händler Fleischwaren mit vielen anderen Bestandteilen als Kalbfleischprodukte? Kalbfleisch ist hochwertiger und etwa doppelt so teuer wie Schweinefleisch. Und das Gesetz lässt den Etikettenschwindel zu. Es schreibt nur vor, dass bei der Nennung einer Fleischart im Produktnamen mindestens die Hälfte des verwendeten Fleischs vom genannten Tier stammen muss.
Hersteller und Detailhändler nutzen diesen Spielraum aus. Sie dürfen Fleischwaren mit dem Begriff Kalb bewerben, selbst wenn Kalbfleisch nur in kleinen Mengen enthalten ist. Wer im Laden Fleischprodukte aus nur Kalbfleisch sucht, muss also die Zutatenliste genau studieren.
Es gibt auch Kalbsbratwürste, die ganz ohne Schweinefleisch hergestellt sind. Das zeigte ein Test des «K-Tipp» («K-Tipp» 7/2019). Die Metzgerei Minnig aus Bubikon ZH etwa verkauft unter anderem Kalbsbratwürste, Kalbfleischkäse oder Kalbfleischlyoner mit der Bezeichnung «ohne Schweinefleisch».
Minnig-Produkte gibt es regional etwa bei der Migros oder Spar. Die Migros verkauft auch Kalbsbratwürste mit der Bezeichnung «100 % Kalb». Und bei Lidl-Bratwürsten können Kunden auf das Kalbssymbol mit dem Aufdruck «100 %» achten. Letztere kosten bei Lidl Fr. 1.55 pro 100 Gramm und sind günstiger als viele Kalbsbratwürste, die auch Schwein enthalten – wie etwa die Würste von Qualité & Prix von Coop.
So viel Kalb ist wirklich drin
- Kalbsbratwurst: Das Fleisch für diese Wurst muss mindestens zur Hälfte vom Kalb stammen. Da die Würste neben Fleisch zum Beispiel auch viel Wasser, Milch und Gewürze enthalten, bewegt sich der in der Zutatenliste deklarierte Anteil Fleisch an den gesamten Zutaten zwischen etwa 35 und 40 Prozent.
- St. Galler Kalbsbratwurst IGP: Sie muss die Vorschriften für Kalbsbratwürste erfüllen (siehe oben). Zudem muss sie in den Kantonen St. Gallen, Thurgau oder in Appenzell Innerrhoden oder Appenzell Ausserrhoden hergestellt worden sein.
- Olma-Bratwurst IGP: Die Olma-Bratwurst ist keine Kalbsbratwurst. Sie kann auch mehr Schwein als Kalb enthalten. Sie muss aber die gleichen Herkunftskriterien erfüllen wie die St. Galler Kalbsbratwurst.
- Bratwurst: Die Bezeichnung Bratwurst ist nicht geschützt. Für sie gibt es keine Vorschriften bezüglich des Inhaltes oder des Herstellungsorts.