Die Finanzmarktaufsicht Finma verlangt von Banken, dass sie neue Kunden identifizieren. Seit gut zwei Jahren dürfen sie das via Videochat übers Internet tun. Die Kunden müssen dann nicht mehr am Schalter den Ausweis zeigen. Damit ist die Kontoeröffnung vom Pult aus möglich. Voraussetzung für die Identifikation per Video sind ein Pass oder eine Identitätskarte und ein Gerät mit einer Kamera. Das kann je nach Bank ein Computer, ein Smartphone oder beides sein.
Testperson scheiterte beim ersten Versuch über die Website
saldo hat bei der Bank Cler und bei Raiffeisen geprüft, wie komfortabel und rasch sich ein Konto per Internet eröffnen lässt. Bei Cler geht es so: Zunächst muss man Namen, E-Mail-Adresse und Handynummer angeben. Dann die E-Mail-Adresse bestätigen, weitere persönliche Angaben machen, ein Kontopasswort festlegen und eine Reihe von Fragen beantworten. Etwa, ob man im Ausland Vermögen habe.
Neun Minuten sind verstrichen, nun lässt sich der Videochat mit einem Klick starten. Auf dem Computerbildschirm erscheint ein Mitarbeiter der Bank Cler. Als Erstes bemängelt er die Lichtverhältnisse im Büro der Testperson. Die Bildqualität reiche für die Identifikation nicht aus. Er empfiehlt, auf die Smartphone-App der Bank zu wechseln, und bricht das Gespräch ab. Da es schon spät ist, muss der zweite Versuch am nächsten Tag unternommen werden. Denn Kunden können bei dieser Bank nur von Montag bis Freitag bis 19.30 Uhr übers Internet ein Konto eröffnen. Danach startet die Bank keine Chats mehr.
Immerhin: Mit dem Smartphone klappt die Identifizierung. Der Mitarbeiter der Bank macht ein Foto des neuen Kunden und der Identitätskarte. Die ID muss man vor der Handykamera so schwenken, dass die Sicherheitsmerkmale erkennbar sind.
Nach der Identifizierung leitet die Bank den Neukunden in einen passwortgeschützten Bereich. Hier muss er den Basisvertrag und weitere Dokumente elektronisch signieren. Das geschieht durch Eingabe eines SMS-Codes. Jetzt ist das Konto aktiv. Die Zugangsdaten zum E-Banking und die Bankkarte treffen ein paar Tage später per Briefpost ein. Wer das Konto auch am Schalter oder für schriftliche Zahlungsaufträge nutzen will, muss die manuelle Unterschrift nachliefern.
Bei Raiffeisen dauerte die Eröffnung über eine Stunde
Die Kontoeröffnung bei der Bank Cler nahm eine halbe Stunde in Anspruch, wenn man den fehlgeschlagenen Versuch mit der Videoidentifizierung abzieht. Deutlich länger brauchte saldo bei der Raiffeisenbank.
Laut Raiffeisen-Werbung ist die Videoidentifikation «der einfachste Weg zum Bankkonto». Die Realität ist anders. Die Erstellung des Benutzerprofils ist zwar einfach. Doch nun beginnen die Schwierigkeiten. Neukunden sind gehalten, ein aktuelles Porträtfoto und eine Farbkopie der Vorder- und Rückseite der ID hochzuladen. Dann müssen sie mehrere Dokumente ausdrucken, ausfüllen, unterschreiben, einscannen und hochladen. Wer alles erledigt hat, darf einen Termin für den Videochat vereinbaren. Der Chat selbst war in drei Minuten erledigt. Alles zusammen beschäftigte die Testperson aber über eine Stunde. Fazit: Die Kontoeröffnung per Internet ist praktisch, wenn man keine Zeit hat, um einen Bankschalter während der Öffnungszeiten aufzusuchen. Per Internet kann der Prozess je nach Bank kompliziert sein. Und schneller als am Schalter ist die Prozedur auch nicht.