Maiza Ramacciotti (38) und Mario Henrique «Henri» Costa da Silva (37) stammen aus der Elf-Millionen-Metropole São Paulo. Dort lernten sie sich vor 15 Jahren kennen. Das Paar hat vier Kinder: Alice (14), Lucas (12) und Artur (10). Felipe (17) adoptierte das Paar. «Er ist mein Cousin», sagt Maiza. «Nachdem seine Mutter gestorben war, nahmen wir ihn zu uns.» Maiza und Henri hatten keine Zeit für eine Lehre. Beide nahmen Gelegen­heitsjobs mit unterschiedlichen Arbeitszeiten an, um sich abwechselnd um die Kinder kümmern zu können. Heute wohnt die Familie in einem Mietshaus in Monteiro Lobato, rund 100 Kilometer von São Paulo entfernt. Maiza kümmert sich an der örtlichen Schule des 4800-Seelen-Dorfs um Verwaltung und Elternpflege. Henri verbringt zwei Wochen pro Monat in São Paulo, wo er Möbel restauriert. 

Finanzielle Situation

Haushaltseinkommen: Im Durchschnitt 800 Franken pro Monat

Kosten fürs Wohnen: 270 Franken Miete pro Monat, 25 Franken für Strom und Wasser

Kosten für Krankenversicherung: Die Gesundheitsversorgung ist in Brasilien gratis.

Steuern pro Jahr: Wegen den geringen Einkünften ist die Familie steuerbefreit.

Sind Sie mit der Wohnsituation zufrieden?

Maiza: Ja. Das Haus ist geräumig und gut gegen die winterliche Kälte abgedichtet. 

Was gibt es heute zum Abendessen?

Henri: Linsensuppe mit Kartoffeln.

Wie sind Sie zu Ihren Jobs gekommen?

Maiza: Ich half zuerst freiwillig an der örtlichen Schule mit. Irgendwann wurde aus dem Freiwilligeneinsatz eine bezahlte Arbeit.

Henri: Es fiel mir schwer, Anschluss im Dorf zu finden. Daher arbeite ich mit Freunden als Schreiner und Möbelrestaurator in São Paulo. 

Wie lange ist Ihr Arbeitsweg?

Maiza: Mit dem Schulbus sind es zehn Minuten bis zur Schule, zu Fuss brauche ich eine Stunde für die drei Kilometer.

Henri: Mit dem Überlandbus oder einer Mitfahrgelegenheit bin ich in rund drei Stunden in São Paulo.

Wie lange arbeiten Sie?

Maiza: Das variiert je nach Arbeitsauf­kommen täglich. Vor Corona kam ich auf rund 120 Stunden pro Monat.

Henri: Bei mir ist es ähnlich. 

Welche Verkehrsmittel benutzen Sie?

Henri: Wir gehen oft zu Fuss, fahren mit dem Bus oder suchen Mitfahrgelegenheiten. Für kürzere Fahrten benutzen wir unseren alten VW-Bus. 

Wo verbrachten Sie Ihre letzten Ferien?

Maiza: Wir fuhren mit dem Bus der Küste entlang. Das war vor zwei Jahren.

Welchen Luxus leisten Sie sich?

Henri: Manchmal leisten wir uns besondere Leckerbissen, etwa veganen Käse oder vegetarische Wurst.

Wie hat Corona Ihren Alltag verändert?

Maiza: Unser Einkommen ist gesunken. Gleichzeitig werden die Dinge des täglichen Gebrauchs immer teurer. Zum Glück helfen uns Freunde aus, wenn es finanziell ganz eng wird. Wir beobachten: Wegen Corona ziehen immer mehr Städter aufs Land.