Die Eierbranche behauptet in ihrer Werbung, das Schweizer Ei sei nicht irgendein Ei – es käme «auf die inneren Werte an». So hätten alle Schweizer Legehennen freien Auslauf. Was die Werbung verschweigt: Das Schweizer Ei gibt es nur dank Futter aus dem Ausland.
Die Fakten: Schweizer Hühner legten im letzten Jahr 1,13 Milliarden Eier – also für jeden Einwohner 127. Das zeigen die neuesten Zahlen des Bundesamts für Landwirtschaft. Die Hühner können aber nur so viele Eier legen, weil sie viel eiweissreiches Soja fressen. Dieses stammt aus dem Ausland. Mindestens drei von vier Schweizer Eiern gäbe es ohne das Auslandfutter nicht. Das zeigen Zahlen des Schweizer Bauernverbandes Agristat fürs Jahr 2020.
Die Futtermittelindustrie importierte 2022 gemäss Zollbehörde über 260 000 Tonnen Soja. 90 Prozent davon stammen aus Italien, Deutschland oder Osteuropa. Ob das Soja auch dort angebaut wurde, sagt die Statistik nicht. Sie sagt nur, dass das Soja dort verarbeitet wurde. Gemäss dem Sojanetzwerk, einem Zusammenschluss aus Sojaimporteuren und Labelorganisationen, liegen Zertifikate vor, dass das Soja aus Europa stamme.
Die Futtermittelhändler importierten im vergangenen Jahr nach wie vor 15 000 Tonnen Soja direkt aus Brasilien. Die Berner Fachhochschule zeigte in einer Studie auf, dass die Sojaimporte von brasilianischen Grossbetrieben stammten. Diese bauen einen Grossteil des Sojas mit viel Pestizideinsatz in einstigen Savannen- und Amazonas-Regenwaldgebieten an.
Noch viel höher ist der Anteil an brasilianischem Soja bei Importeiern: Gemäss dem deutschen Bundesinformationszentrum Landwirtschaft kommt dieses Sojafutter fast ausschliesslich aus Brasilien und den USA. Umweltorganisationen kritisieren diese Sojaimporte aus Übersee wegen der Umweltzerstörung.
Dass die Schweiz heute vermehrt Soja aus Europa importiere, mache die Sache nicht besser, sagt Alexandra Gavilano, Greenpeace-Expertin für nachhaltige Ernährung. «Diese Flächen fallen für den Anbau von Nahrungsmitteln weg.» Raphael Zwahlen, Geschäftsführer des Branchenverbandes Gallosuisse, sagt dazu: «Die Sojaproduktion in Europa ist nachhaltig. Dass die reiche Schweiz den armen Ländern das Essen wegnehmen könnte, ist ein Argument, das für alle Lebens- und Futtermittelimporte gilt.»
Klee und Würmer ersetzen nur fünf Prozent des Kraftfutters
Freilandhühner fressen etwas weniger importiertes Futter als Hühner aus Bodenhaltung, denn sie ernähren sich auch von Klee, Insekten und Würmern. Dieses Futter ersetzt 5 Prozent des zugekauften Kraftfutters.
Das gilt auch für Hühner in Biohaltung, die zwingend Zugang zum Freiland haben müssen. Zurzeit allerdings müssen die Hühner wegen Massnahmen des Bundes gegen die Vogelgrippe im Stall bleiben. Im Futter für Biohühner darf es gemäss Biorichtlinien kein Soja aus Übersee haben. Selbst Demeter-Biohühner, für die besonders strenge Regeln gelten, fressen Eiweissfutter aus dem Ausland.
Immerhin müssen Demeter-Bauern 20 Prozent hofeigenes Futter verwenden – ab 2025 sogar 50 Prozent. Laut der Demeter-Geschäftsstelle erfüllen viele Betriebe die strengeren Vorschriften schon heute.