Für Postauto-Chef Christian Plüss ist klar: Der Ticketverkauf beim Chauffeur in den gelben Bussen soll verschwinden. Bargeld in den Fahrzeugen sei zu teuer und belaste die Fahrer, sagte er in diversen Interviews. Das Unternehmen treibt den Umbau voran: Auf der Plattform Simap für öffentliche Ausschreibungen bittet Postauto um Offerten für bargeldlose Mini-Automaten mit kontaktloser Zahlungsmöglichkeit. Diese sollen ab 2025 in den Fahrzeugen stehen.
Kunden ohne Karte oder Handy haben das Nachsehen: Sie können ihre Tickets bald nur noch an Postauto-Verkaufsstellen oder SBB-Schaltern kaufen. Auf der über 50 Kilometer langen Postautostrecke zwischen St. Moritz und Chiavenna zum Beispiel wäre ein Ticketkauf nur noch an einer von 22 Haltestellen möglich, nämlich am Bahnhof St. Moritz.
Betroffen sind vor allem Kinder und Senioren: Viele Kinder haben weder eine Bezahlkarte noch ein Handy. Und gemäss der Studie «Digitale Senioren 2020» verwenden zwei Drittel der 65- bis 79-Jährigen keine bargeldlosen Zahlungsmittel. Bei den über 80-Jährigen wären gar acht von zehn ausgeschlossen.
Das Bundesamt für Verkehr sagt auf Anfrage von saldo, die Konzession sehe für Postautos keine Pflicht vor, eine Zahlungsmöglichkeit mit Bargeld anzubieten. Wer mit Bargeld zahlen möchte, dürfe aber nicht schlechtergestellt sein. Das bedeute zwar nicht, dass Kunden gratis fahren können, wenn es im Postauto keine Barzahlmöglichkeit gibt. Aber es brauche eine Alternative.
Für das Bundesamt reicht es jedoch, wenn die Kunden ein Billett über Apps wie «Fairtiq» oder «Easy Ride» in der SBB-App kaufen können. Nur: Diese Lösung taugt für Personen ohne Mobiltelefon nichts. Postauto sagt, man sei bestrebt, eine Alternative zu bieten. So könnten Kunden künftig auch mit Bargeld Guthaben auf den Swisspass laden und Tickets so zahlen.
Auch die Kantone könnten die Bargeldzahlung von Postauto einfordern. Sie vergeben Aufträge im öffentlichen Verkehr und können auch Vorgaben zur Bezahlmöglichkeit machen. Bisher war Barzahlung in Postautos selbstverständlich. Deshalb steht dazu nichts in den Verträgen.
Viele Kantone lassen Postauto gewähren
saldo befragte die Deutschschweizer Kantone, ob sie künftig den Auftragnehmern die Bargeldzahlung als Bedingung vorschreiben. Doch nur der Kanton Baselland stellt das in Aussicht. Sprecherin Andrea Bürki sagt: «Postauto kann diese Änderung nicht in Eigenregie umsetzen. Wir bestehen darauf, dass Bargeld zumindest in den nächsten drei bis fünf Jahren im öffentlichen Verkehr akzeptiert wird.» Die nächste «Zielvereinbarung» mit Postauto stehe im Kanton Baselland 2024 an. Die Kantone Schwyz, Solothurn, Uri und Wallis möchten «vorerst» an der Barzahlung in Fahrzeugen festhalten, jedoch ohne konkrete Pläne, den Transportunternehmen entsprechende Vorschriften zu machen.
Der Kanton Bern schreibt nur, die Abschaffung des Chauffeurverkaufs dürfe keine Kundengruppe diskriminieren, das werde man von Postauto einfordern. Die Kantone Aargau, Appenzell, Freiburg, Luzern, Nidwalden, Obwalden, Schaffhausen, Thurgau und Zürich schreiben, man könne sich mittelfristig einen bargeldlosen Ticketverkauf im öffentlichen Verkehr vorstellen. Der Kanton St. Gallen fordert von den Transportunternehmen gar «einen möglichst baldigen bargeldlosen Ticketverkauf».
Graubünden: Bald nur noch elektronisches Zahlen möglich
Schon weiter ist Graubünden: Der Bergkanton will, dass Kunden bereits ab Ende Oktober Tickets nur mit Karte oder Handy kaufen können. Als Alternative verkaufen die Chauffeure gegen Bargeld Wertkarten für 10 und 20 Franken, mit denen man an Ticketautomaten zahlen kann. Zudem können Kunden künftig an Verkaufsstellen Guthaben auf den Swisspass laden und so zahlen – falls sie einen Swisspass haben.