Roger Federer hat es getan, Alt-Bundesrat Adolf Ogi, UBS-Chef Sergio Ermotti und Ringier-Chef Marc Walder: Sie leerten sich laut Medienberichten einen Kübel Eiswasser über den Kopf. Die aus den USA nach Europa herübergeschwappte Aktion «Ice Bucket Challenge» (auf Deutsch: Eiskübel-Herausforderung) soll Aufmerksamkeit für die unheilbare Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) schaffen. Jeder, der mitmacht, darf drei weitere Kandidaten benennen. Wer nominiert wird, soll unter die Eisdusche oder einer ALS-Organisation Geld spenden. Die meisten tun beides – eine Werbung in eigener Sache.
Spitzengehälter für Chefs der US-Spenden- organisation
Die ALS Association der USA verbuchte gemäss eigenen Angaben allein seit Ende Juli mehr als 77,3 Millionen Franken an Spenden. Zum Vergleich: Im Jahr zuvor kamen nur 17,4 Millionen Franken zusammen. Laut Geschäftsbericht 2013 finanzierte die Vereinigung damit vor allem Forschung und die Betreuung Betroffener.
Zugleich gönnten sich die Chefs Topgehälter: Die Präsidentin und Geschäftsleiterin kassierte umgerechnet 263 000 Franken, 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Finanzchef strich gut 155 000 Franken ein, die Leiterin der Entwicklungsabteilung 167 000 Franken. Die ALS Association erwidert, so hohe Löhne seien im US-Spendenmarkt üblich und externe Kontrolleure hätten ihrer Geschäftspraxis «beste Noten» gegeben.
Der Boom mit der Eisdusche spült auch Geld in die Kassen der schweizerischen ALS-Organisationen: Die ALS-Vereinigung in Dübendorf ZH erhielt laut eigenen Angaben bis jetzt 85 000 Franken, die ALS-Stiftung in Winterthur einen «fünfstelligen Betrag».
Die Dübendorfer Organisation kümmert sich um Betroffene und informiert auf ihrer Homepage offen über ihre Tätigkeit. Bei der Winterthurer ALS-Stiftung hingegen bleibt vieles unklar. Sie unterstützte bisher nach eigenen Angaben primär Forschungsprojekte, welche die Hintergründe der Krankheit klären oder die Lebensqualität von ALS-Patienten verbessern sollen. Die Website beschreibt fünf Projekte, etwa eine Untersuchung der «In vivo Cannabinoid-Rezeptor-Darstellung» bei ALS-Patienten. Die Erklärungen der Stiftung strotzen vor Fachchinesisch – ohne die bisherige Fördersumme, die Laufzeit der Projekte oder in vier von fünf Fällen die Namen der gesponserten Forscher zu nennen. Spender tappen im Dunkeln. Das tun sie auch beim Verwaltungsaufwand der Stiftung: Auf der Homepage finden sich hierzu keine Angaben. saldo erhielt den Geschäftsbericht 2012/13 erst nach einem Anruf bei der Stiftung.
Konkrete Forschungsprojekte unbekannt
Die Katze im Sack kaufen bei der ALS-Stiftung auch aktuelle «Ice Bucket»-Spender. Der Vorstand verspricht zwar auf Anfrage, diese Spenden «vollumfänglich» in ein Forschungsprojekt fliessen zu lassen. In welches, ist noch unbekannt. Der Vorstand will darüber im Herbst entscheiden.