Für sein Haus in Dietikon ZH schloss saldo-Leser Peter Wanner (Name geändert) 2012 eine Libor-Hypothek über 600 000 Franken ab. Letzten August rief ihn ein Kundenberater seiner Bank an. Wanner erfuhr, dass es den Libor ab Ende Jahr nicht mehr gebe und dann neu der Saron gelte. Für ihn als Kunden werde sich nichts ändern. Wanner müsse bloss den neuen Vertrag unterschreiben. «Stimmt das? Was gilt, wenn ich den neuen Vertrag nicht unterzeichne?», wollte Wanner von saldo wissen.
Sicher ist: Ende Jahr gibt es den Libor als Referenzzinssatz für Geldmarkthypotheken nicht mehr. Der neue Referenzzinssatz heisst Saron (Swiss Average Rate Overnight). Er entspricht dem Zinssatz, zu dem sich rund 160 Schweizer Finanzinstitute gegenseitig kurzfristig Geld ausleihen. Die Börsenbetreiberin Six berechnet den Saron täglich neu.
Der Wechsel vom Libor zum Saron bringt zurzeit keine Veränderung der Zinshöhe. Der Saron liegt wie der Libor seit Anfang 2015 im Minus – am 1. Oktober 2021 waren es minus 0,71 Prozent (siehe Grafik im PDF).
Solange der Saron im Minus bleibt, zahlen die Kunden für eine Saron-Hypothek nicht mehr als für die bisherige Libor-Hypothek. Die Banken rechnen beim Saron wie beim Libor mit einem Zins von null Prozent. Dazu addieren sie ihre Gewinnmarge. Das ergibt die Höhe des Zinssatzes.
Wie viel man als Kunde künftig bezahlen muss, hängt also allein von der Marge der Bank ab. Bei saldo-Leser Wanner beträgt sie 0,9 Prozent. Verlangt die Bank neu eine höhere Marge als die bisherige, muss man das nicht akzeptieren. Ist sie gleich hoch, kann man versuchen, eine tiefere auszuhandeln. Denn die Marge ist Verhandlungssache. Sie variiert von Bank zu Bank und von Kunde zu Kunde. Mehr als ein Prozent sollte sie nicht betragen.
Wichtig: Als Kreditnehmer sollte man auch darauf achten, dass der neue Vertrag eine Klausel enthält, die es erlaubt, vom Saron zu einer Festhypothek bei der gleichen Bank zu wechseln. So kann man sich absichern für den Fall, dass der Saron-Zinssatz auf über null Prozent steigt.
Die rechtliche Situation ist unter Juristen umstritten
Doch was gilt, wenn Wanner den neuen Vertrag nicht unterzeichnet? Tritt dann automatisch der neue Saron- Zinssatz in Kraft? Oder hat er das Recht, zu kündigen, weil es sich um eine einseitige Vertragsänderung handelt? Diese Frage ist unter Juristen umstritten. Die von saldo angefragten Rechtsanwälte und Professoren wollten sich nicht dazu äussern.
Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) forderte von den Banken, in neu abgeschlossene Liborverträge mit einer Laufzeit über das Jahr 2021 hinaus eine «robuste Rückfallklausel» einzubauen. Finma-Sprecher Tobias Lux stellt klar: «In den Verträgen ist für beide Parteien klar zu definieren, auf welcher Basis der Vertrag nach Ablösung des Libors weiterläuft.»
Banken regeln Übergang zum Saron unterschiedlich
Die Banken kamen dieser Forderung auf unterschiedliche Weise nach, wie eine Umfrage von saldo bei acht grossen Instituten zeigt. Die Aargauer Kantonalbank ist am konkretesten: Sie hält ausdrücklich fest, dass alle Geldmarkthypotheken im Verlauf des Jahres 2021 zum Saron wechseln.
Demgegenüber räumen sich die UBS und die Zürcher Kantonalbank das Recht ein, «einen gleichwertigen Referenzzinssatz» festzulegen. Das kann der Saron sein – muss aber nicht. Die Klauseln der St. Galler Kantonalbank und von Valiant sind pauschal formuliert: Hier ist von einem «vergleichbaren» respektive «gleichwertigen Basiszinssatz» die Rede, den die Banken beim Wegfall des Libors anwenden wollen. Die Raiffeisen Bank wiederum will den «Nachfolgezinssatz» selbst definieren, ohne Kriterien zu nennen. Und die Credit Suisse sowie die Berner Kantonalbank geben ihre Rückfallklauseln gegenüber saldo nicht bekannt.
Für Hypothekarnehmer positiv: Alle angefragten Banken räumen Kunden, die keinen Saron-Vertrag wollen, das Recht ein, von einer Libor-Hypothek in eine andere Hypothek der Bank zu wechseln. Weniger grosszügig sind die Banken, wenn ein Kunde Ende 2021 endgültig aus dem Libor-Vertrag aussteigen möchte. Einzig die Berner Kantonalbank ist bereit, den Kunden aus dem Vertrag zu entlassen. Die UBS und Valiant sagen, sie würden im Einzelfall entscheiden. Andere Banken erklären, Kunden müssten eine «Vorfälligkeitsentschädigung» zahlen, wenn sie vorzeitig aussteigen. Ob das zulässig ist, ist unter Juristen höchst umstritten.
Fazit: Zurzeit ist vieles noch unklar. Sicher lohnt es sich, mit der Bank einen günstigen neuen Hypothekarvertrag auszuhandeln. Denn aktuell sind die Banken froh um jeden Hypothekarkunden – egal, ob auf der Basis des Saron oder einer Festhypothek.