Das Hotel zum Gade in Lenk BE weist auf der Buchungsplattform Booking.com zwei Sterne aus. Der Seehof in Arosa GR sogar drei. Die Sterne basieren auf einer Selbsteinschätzung. Die Hotels sind weder von Hotelleriesuisse noch Gastrosuisse klassifiziert. Offiziell verleihen in der Schweiz nur diese zwei Branchenverbände Hotel-Sterne. Immerhin: Abseits von Booking.com treten beide Hotels ohne Sterne auf.
Dreister sind Hotels wie das Neufeld in Zürich: Es wirbt nicht nur auf Booking.com mit drei Sternen, sondern auch auf der eigenen Website. Hotelleriesuisse und Gastrosuisse wissen nichts von Sternen. Das Hotel Neufeld räumt ein, dass die Sterne aus früheren Jahren stammen. Nachdem Hotelleriesuisse die Anforderungen änderte, verzichtete das Neufeld auf eine Neuklassifizierung.
Der TV-Sender ZDF überprüfte im Sommer 1000 deutsche Hotels. Resultat: Bei einem Viertel war die Frist für die Sterne abgelaufen – oder die Hotels hatten sie sich selbst vergeben.
Diese Selbstbedienung ist vielen Gästen nicht bekannt. Laut Christian Laesser, Professor für Tourismus an der Universität St. Gallen, sind Hotel-Sterne noch immer «zentral für die Entscheidungsfindung des Gastes». Die Sterne würden einen «schnellen Überblick» ermöglichen.
Stern ist aber nicht gleich Stern. Je nach Land verleihen staatliche Behörden, Branchenverbände oder regionale Tourismusorganisationen die Sterne. Auch Reiseveranstalter und Internetplattformen bewerten die Hotels nach eigenen Kriterien mit höchst unterschiedlichen Prüfkriterien. Die meisten Klassifikationen gehen von Skalen mit 1 bis 5 Sternen aus.
Kundenbewertungen bei Tripadvisor & Co. unzuverlässig
Neben Hotelsternen helfen auch Kundenbewertungen bei der Qualitätsbeurteilung. Unzuverlässig sind die Noten bei Tripadvisor oder Holidaycheck. Dort kann jeder eine Bewertung abgeben, auch wenn er im benoteten Hotel nie übernachtet hat. Besser sind Booking.com oder Hrs.de. Hier kann nur bewerten, wer das Hotel tatsächlich besucht hat. Allerdings sind Fälle bekannt, in denen Booking.com unerwünschte Kommentare zensierte (saldo 14/2014).
Tourismus-Professor Laesser findet Hotel-Sterne und Kunden-Bewertungen gleichermassen wichtig. «Die Kombination macht es aus.»
Höchst unterschiedliche Anforderungen
Schweizer Hotelverbände
In der Schweiz vergeben die Hotelierverbände Hotelleriesuisse und Gastrosuisse Sterne. Der Verband Hotelleriesuisse arbeitet mit einem Punktesystem. Maximal sind 939 möglich. Für 5 Sterne benötigt ein Hotel mindestens 600 Punkte. Für 3 Sterne reichen 260 Punkte. Sauberkeit und ein hygienisch einwandfreies Angebot sind Grundvoraussetzung in allen Kategorien. Ein Lift ist ab 4 Sternen unerlässlich. Ein Hotel kann einen Mangel in einem Bereich durch einen Vorzug in einem anderen kompensieren. Beispiel: Ein unzureichender Schallschutz der Fenster wird punktemässig durch einen Safe im Zimmer ausgeglichen.
Gastrosuisse hat meist kleine und mittlere Hotels klassifiziert. Der Verband unterscheidet 147 Kriterien, die je nach Kategorie verbindlich erfüllt sein müssen. So ist etwa ein Haartrockner ab 3 Sternen erforderlich. Beide Verbände überprüfen die Klassifikation der Hotels nach eigenen Angaben alle drei Jahre vor Ort. Zurzeit führen sie Gespräche mit dem Ziel, ein gemeinsames Sterne-System für die Schweiz zu schaffen.
Hotelstars Union
Der Kriterienkatalog von Hotelleriesuisse gilt auch in Ländern, die sich der Hotelstars Union angeschlossen haben. Das sind Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Griechenland, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Österreich, Liechtenstein, Niederlande, Schweden, Tschechien und Ungarn. Unterschiede bestehen unter anderem bei der Häufigkeit der Überprüfung. Mittelfristiges Ziel ist eine einheitliche Hotelklassifikation im gesamten EU-Raum.
Booking.com
Bei den Sternen auf der Buchungsplattform Booking.com ist häufig unklar, worauf sie basieren: Teils handelt es sich um eine Selbstbewertung der Hoteliers, teils um Sterne, die von einem «offiziellen» System zur Qualitätsbeurteilung stammen. Booking behauptet, man stelle sicher, dass die Selbsteinschätzung mit einer allfälligen «offiziellen» Klassifizierung übereinstimme. Bei einigen Ländern (zum Beispiel Deutschland) führt Booking die Sterne «offizieller» Stellen oder die selbstdeklarierte Einschätzung der Hotels.
HRS.de
Die Onlinebuchungsplattform Hrs.de setzt auf ein eigenes System. Die HRS-Sterne beruhen auf einer Selbsteinschätzung der Hotels. Laut HRS-Sprecher Björn Zimmer korrigiert der Hotelvermittler die Bewertungen auf der Website nach unten, falls sich Hinweise auf Mängel von eigenen Mitarbeitern oder Gästen als stichhaltig erweisen.
Hotelplan
Der Schweizer Reiseveranstalter Hotelplan verwendet ein eigenes Bewertungssystem von 1 bis 6 Sternen. Laut Sprecherin Prisca Huguenin soll die Hotelplan-Klassifizierung eine länderübergreifende Vergleichbarkeit der Hotels nach Schweizer Standard sicherstellen. Vergeben werden die Sterne von den für die Destination zuständigen Produkt-Managern von Hotelplan.
Tui
Auch der Reiseveranstalter Tui bewertet nach eigenen Kriterien. Die Skala reicht von 1 bis zu 5 Sternen.
Die Einteilung in eine Sterne-Kategorie nehmen Tui-Angestellte vor Ort vor. Dabei stützen sie sich auf einen hauseigenen Kriterienkatalog.