Seit Anfang 2012 müssen Holz und Holzprodukte in der Schweiz beim Verkauf deklariert werden. Konkret: Die Kunden sollen erfahren, von welchem Baum das verwendete Holz stammt und aus welchem Land. Diese Informationen müssen am Produkt selbst, unmittelbar daneben oder auf der Verpackung angebracht werden.
Viele Händler ignorieren diese Vorschrift. Das zeigen die jährlichen Kontrollen des Eidgenössischen Büros für Konsumentenfragen (BFK). saldo liegen die detaillierten Ergebnisse für das Jahr 2013 vor (siehe PDF).
Das BFK hatte bei rund 100 Unternehmen insgesamt mehr als 300 Holzprodukte auf die korrekte Deklaration hin geprüft. Zu den Händlern gehörten unter anderem Möbelhäuser, Baumärkte, Schreinereien und Internetshops. Immerhin: Die meisten Händler gaben die Holzart korrekt an. Doch bei fast jedem dritten Produkt erfuhren die Käufer nicht, aus welchem Land das Holz stammte.
Probleme vor allem bei Ikea, Obi und anderen grossen Händlern
Erstaunlich: Während kleine und mittlere Unternehmen meist korrekt deklarierten, haperte es bei bekannten grossen Händlern. Drei Beispiele:
- Die Ikea-Filiale in Lyssach BE deklarierte die Herkunft bei 13 von 20 überprüften Produkten nicht. Darunter waren Schränke, Stühle, Esstische und Betten.
- In der Obi-Filiale Schönbühl in Moosseedorf BE, die von der regionalen Migros-Genossenschaft betrieben wird, fehlten bei 13 von 16 kontrollierten Produkten die Herkunftsangaben. Betroffen waren Brennholz, Holzkohle, Latten, Bretter und Pfosten. Bei 2 Produkten war nicht mal die Holzart ersichtlich.
- Ob Bretter, Parkett, Riegel oder Dielen: Der Hornbach-Baumarkt in Biel BE verschwieg seinen Kunden bei 7 von 15 kontrollierten Produkten die Herkunft. Bei einem Kantholz war die Holzart falsch deklariert. Mit ungenügenden Deklarationen fielen auch Lipo, Mobitare, Denner und Manor auf. Erfreulich: Keinerlei Beanstandungen gab es bei der Migros selbst sowie bei Coop, Jumbo, Pfister, Bauhaus und Fly.
Ikea schreibt in einer Stellungnahme, in Zukunft würden vermehrt interne Kontrollen durchgeführt und die Mitarbeiter auf fehlende Deklarationen sensibilisiert. Laut Obi erfolgte die fehlende Deklaration nicht absichtlich. Hornbach erklärt, die Betriebe angewiesen zu haben, die beanstandeten Verpackungen unverzüglich anzupassen.
Keine Busse trotz Verstössen gegen die Deklarationspflicht
Holzingenieur Achim Schafer kontrolliert im Auftrag des BFK die Holzprodukte bei den Händlern vor Ort. Er schaut sich das Holz an und vergleicht es – falls vorhanden – mit der Deklaration. Zudem kann er einen Blick in die Liefer- und Produktdokumentation werfen. Im Zweifelsfall lässt er die Art und Herkunft im Labor überprüfen.
Die fehlende Deklaration hat für die fehlbaren Händler praktisch keine Konsequenzen. Bei mangelhafter Deklaration werden den betreffenden Unternehmen die Kontrollkosten in Rechnung gestellt. Ikea in Lyssach bezahlte im Jahr 2013 für die fehlenden Angaben nur 312 Franken. Es erstaunt deshalb nicht, dass die Zahl der Beanstandungen von 29 Prozent der Holzprodukte im Jahr 2013 auf 59 Prozent im Jahr 2014 anstieg.
Herkunftsangaben sind für Konsumenten wichtig. So stammt gemäss der Umweltschutzorganisation Greenpeace Eiche aus China, Südrussland und Osteuropa oft aus illegaler Waldrodung. Schafer: «Eiche aus diesen Regionen ist in den Schweizer Läden weit verbreitet.» In der Schweiz gibt es – anders als in der EU – kein Gesetz, das den Handel mit illegal gerodetem Holz verbietet.
Geheimniskrämerei um Kontrollergebnisse
Im Mai 2014 wollte saldo vom Eidgenössischen Büro für Konsumentenfragen (BFK) wissen, welche Händler und welche Holzprodukte das Büro im Jahr 2013 überprüft hatte und wie die einzelnen Unternehmen bei der Kontrolle abgeschnitten hatten. Antwort des BFK: «Das private Interesse der Unternehmen am Schutz ihrer Daten überwiegt das öffentliche Interesse an der vollständigen Offenlegung der Untersuchungsergebnisse.» saldo wandte sich daraufhin an den Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten Hanspeter Thür – mit Erfolg. Thür war der Ansicht, dass das öffentliche Interesse an der Einhaltung der Deklarationspflicht wichtiger sei als die Privatsphäre der betroffenen Unternehmen.
Im Juli 2015 gab das BFK schliesslich die Liste der Beanstandungen des Jahres 2013 heraus – obwohl sich Händler wie Obi vorgängig gegen eine Herausgabe gewehrt hatten.