Saldo-Leser Jean de Bosset aus Provence VD ist auf ein Hörgerät angewiesen. In zehn Jahren gab er fast 9000 Franken für drei Geräte aus. Zufrieden war er mit ihnen nie, trotz zahlreicher Beratungen und Anpassungen.
Zu seiner Überraschung fand der 89-Jährige schliesslich das geeignete Hörgerät bei Lidl: das Modell «Sanitas SHA 15» für nur Fr. 11.99. De Bosset schwärmt: «Ich habe es mir ins Ohr gesteckt, und plötzlich war meine Partnerin wieder verständlich und das Telefon wieder hörbar.»
Weniger Funktionen als normale Hörgeräte
Lidl hat «Sanitas SHA 15» nur gelegentlich im Sortiment. Es ist ein Gerät, das nur den Ton verstärkt. Der Discounter beschreibt es korrekt als «Hörhilfe». Im Gegensatz zu teureren und individuell angepassten Hörgeräten fehlen Tonverstärkern einige Funktionen. So schützen sie etwa die Ohren nicht vor zu lauten Geräuschen und filtern keine Umgebungsgeräusche heraus. Hörgeräte, die weniger als 100 Franken kosten, gibt es auch bei anderen Händlern.
Galaxus.ch zum Beispiel verkauft einen Im-Ohr-Hörverstärker von Innova Goods für Fr. 31.88 und zwei weitere ähnliche Geräte von Newgen für Fr. 69.95 und Fr. 84.94. Auf der Internetplattform Temu kostet ein Klangverstärker Fr. 19.36.
Dionisio Cueto ist Akustik-Spezialist am Universitätsspital Genf. Er sagt, saldo-Leser de Bosset habe mit seiner Wahl Glück gehabt: Die Grundeinstellungen des Lidl-Hörgeräts hätten offenbar zum Hörverlust gepasst.
Für Gespräche an lauten Orten sind Tonverstärker oft untauglich
Tonverstärker seien nur in bestimmten Situationen tauglich, sagt Cueto. Sie könnten etwa beim Fernsehen, Radiohören oder bei Gesprächen zu Hause hilfreich sein. Schwierig werde es dagegen in einer lauten Umgebung wie in Restaurants oder auf der Strasse. Denn die Geräte könnten sich nicht an die Schallumgebung anpassen.
Der Verband Pro Audito, der die Interessen von Schwerhörigen vertritt, erachtet die Hörverstärker als eine Möglichkeit, erste Erfahrungen mit einem «Gerät im Ohr» zu haben. Allerdings würden sich Hörverstärker nicht als langfristige Lösung eignen.
Beurer, der deutsche Vertreiber des Lidl-Hörgeräts «Sanitas SHA 15», schreibt saldo, dass das Modell für Menschen mit leichtem Hörverlust vorgesehen sei. Er empfiehlt, in jedem Fall einen Arzt oder Akustikspezialisten zu konsultieren. Tipp: Hörgeräte sollte man ausprobieren, bevor man sie kauft. Achten Sie beim Kauf auch auf eine Rückgabemöglichkeit.
Mühe mit dem Hören: Hier erhalten Sie Hilfe
Wer Schwierigkeiten hat, Alltagsgesprächen zu folgen oder Radio zu hören, sollte das Problem von einem Hals-Nasen-OhrenArzt abklären lassen. Der Arzt kann den Grad des Hörverlusts ermitteln. Das ist wichtig, damit sich allenfalls auch AHV und IV an den Kosten für Hörgeräte beteiligen. Beide bezahlen eine Pauschale. Allerdings nur an Modelle, die das Bundesamt für Sozialversicherung anerkennt. Die Liste der anerkannten Geräte und Spezialärzte sowie Merkblätter von IV und AHV finden Sie unter Ktipp.ch/hoergeraete.
Pro Senectute empfiehlt, Angebote von mindestens zwei Hörgeräteakustikern einzuholen. Und es kann sich lohnen, verschiedene Modelle zwei Wochen lang probezutragen. So merkt man, welches Gerät am besten passt («K-Tipp» 4/2021).