Schweizer Apotheken führen über 50 Medikamente, die mit Gentechnik veränderte Hilfsstoffe enthalten. Zum Beispiel das Hepatitis-Medikament Pegasys von Roche. Es enthält Polysorbat aus Gentechmais. Oder das Schmerzmittel Kapanol: Dieses enthält sowohl Gentechmais wie gentechnisch veränderte Baumwolle. Dieser Stoff steckt auch im Hustenmittel Bisolvon Kids von Boehringer Ingelheim und im Novartis-Präparat Tegretol, das epileptische Anfälle verhindern soll. Das Antidepressivum Remeron von MSD Merck kann gentechnisch veränderten Mais und Rüben enthalten. Die Roche-Krebsmittel Avastin, Herceptin und Kadcyla enthalten Gentechmais.
Die Konsumenten erfahren in der Regel nichts von den umstrittenen Inhaltsstoffen. Die Hersteller verstecken den Hinweis darauf im Kleingedruckten des Beipackzettels. Auch die Arzneimittel-Datenbank des Schweizerischen Heilmittelinstituts Swissmedic (www.swissmedicinfo.ch) gibt die Information nur preis, wenn man in der Volltextsuche den Begriff «gentechnisch verändert» eintippt.
Swissmedic kontrolliert nur, ob die Deklaration korrekt ist
Pascale Steck vom Basler Appell gegen Gentechnologie: «Arzneimittelhersteller jubeln den Konsumenten Gentechsubstanzen unter, obwohl sie von den meisten grundsätzlich abgelehnt werden.» In der Schweiz ist der kommerzielle Anbau von Gentechpflanzen seit 2005 verboten. Sie stehen aufgrund von Studien im Verdacht, Krebs und Allergien auszulösen. Ihr Anbau gefährdet laut Kritikern zudem die Artenvielfalt in der Natur. Laut Steck könnten die Hersteller die Gentechhilfsstoffe leicht durch andere bekannte Rohstoffe ersetzen.
Die Biologin kritisiert zudem, dass Swissmedic die enthaltenen Gentechhilfsstoffe im Zulassungsverfahren nicht auf ihr Gefahrenpotenzial für die Patienten untersucht.
Die Behörde betont, das Gesetz sehe keine solche Prüfung vor. Man kontrolliere, ob die Hersteller der Kennzeichnungspflicht nachkommen. Offen bleibt, wie die Aufsichtsbehörde ohne Untersuchung der Inhaltsstoffe wissen kann, ob die Hersteller alle enthaltenen Gentechstoffe korrekt deklarieren.
Verzicht auf Gentech: Chemielobby spricht von happigen Kosten
Für Marcel Sennhauser von Scienceindustries, dem Lobbyverband der Schweizer Chemieindustrie, gewährleisten die jetzigen Regeln Transparenz und Patientenschutz. Er warnt vor «massiven Mehrkosten» für die Patienten, falls die für den Weltmarkt produzierende Pharmaindustrie Rezepturen anpassen oder eine gesonderte gentechfreie Produktion für die Schweiz etablieren müsste. Der Branchenvertreter betont die angebliche Harmlosigkeit gentechnisch veränderter Rohstoffe. Die kleine Menge an Trägerstoffen in Medikamenten stelle kein «Gesundheitsrisiko» dar.
Roche gibt sich gesprächsbereiter. Der Basler Konzern erklärt, bei der Entwicklung neuer Produkte möglichst auf genveränderte Hilfsstoffe zu verzichten. Bei seinen auf dem Markt befindlichen Präparaten wolle man diese ersetzen, falls Alternativen vorhanden seien. Der Konzern führe zurzeit «technische Untersuchungen» durch. Von Mehrkosten ist keine Rede.
Forum: Sollen Gentechstoffe in Medikamenten verboten werden?
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