Hepatitis C: Schweizer greifen zur Selbsthilfe
Viele Hepatitis-Infizierte erhalten keine Medikamente, weil diese zu teuer sind. Über 30 Erkrankte kauften sich die Präparate in Australien – auf eigene Kosten.
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saldo 02/2017
01.02.2017
Eric Breitinger
Oliver Wehrli überwies letzten Frühling 1600 Dollar nach Australien. Der 57-jährige Chef einer IT-Firma litt seit Jahren an Schlafstörungen, Müdigkeit und Muskelzuckungen – typische Symptome einer Hepatitis-C-Infektion. Unbehandelt kann sie zu Leberschäden oder Krebs führen. Dennoch weigerte sich seine Krankenkasse, die Therapie zu bezahlen. Zwölf Wochen lang nahm er die Tabletten aus Australien. Beim letzten Test war er frei von Viren.  ...
Oliver Wehrli überwies letzten Frühling 1600 Dollar nach Australien. Der 57-jährige Chef einer IT-Firma litt seit Jahren an Schlafstörungen, Müdigkeit und Muskelzuckungen – typische Symptome einer Hepatitis-C-Infektion. Unbehandelt kann sie zu Leberschäden oder Krebs führen. Dennoch weigerte sich seine Krankenkasse, die Therapie zu bezahlen. Zwölf Wochen lang nahm er die Tabletten aus Australien. Beim letzten Test war er frei von Viren.
Mindestens 32 Patienten aus der Schweiz kauften in den letzten zwölf Monaten auf diesem Weg Hepatitis-C-Medikamente – und zahlten sie selbst. Knapp 100 erkundigten sich nach den Tabletten. Das bestätigt die australische Non-Profit-Vereinigung FixHepCBuyers Club. Sie importiert die Präparate aus Indien und Bangladesch und schickt sie gegen Rezept weiter in die Schweiz.
Der Hintergrund: Das Bundesamt für Gesundheit winkte hohe Preise für neue Hepatitis-C-Mittel durch. So kostete das Mittel Sovaldi nach der Einführung 65 000 Franken pro Kur (saldo 2/2015). Das neuste Präparat Epclusa kostet 60 000 Franken. Laut Bundesamt müssen die Krankenkassen die Kosten nur übernehmen, wenn die Patienten einen Leberschaden oder ein anderes schweres Leiden haben. 2015 erhielten 2300 Patienten eine Behandlung bezahlt. In der Schweiz leben 33 600 Hepatitis-C-Patienten.
Anders in Frankreich: Das Gesundheitsministerium zahlt seit Anfang Jahr allen Infizierten die Therapie, jedoch nur mit dem neuen Präparat Zepatier. Mit dem Hersteller MSD wurde ein Preis von 31 000 Franken ausgehandelt. Dazu gab es Rabatte, die aber geheim blieben.
Andreas Schiesser vom Krankenkassenverband Santésuisse fordert: «Auch Krankenversicherer sollten mit den Herstellern Preise aushandeln können.» Zudem sollten die Kassen die Kosten für Medikamente vergüten dürfen, die Versicherte günstig im Ausland einkaufen.