Die wenigsten Konsumenten kennen den Namen, doch die Firma Markant profitiert von ihren Einkäufen. Besorgt man sich bei der Landi ein Putzmittel für 10 Franken, kassiert Markant davon 24 Rappen. Kauft man bei Manor für 60 Franken eine Flasche Whisky, gehen 85 Rappen an Markant. Ersteht man bei Jumbo für 150 Franken eine Autobatterie, landen über 3 Franken bei Markant.
Seit Mitte Januar müssen neu auch Coop-Lieferanten über Markant abrechnen. Konkret: Die Hersteller von Waren für die Grossverteiler müssen ihre Rechnungen an Markant stellen. Diese Firma treibt die Beträge bei den Abnehmern ein und bezahlt die Lieferanten – allerdings unter Abzug einer Inkassoprovision. Unter dem Strich erhalten die Zulieferer weniger Geld für gleiche Ware.
Nur wer über Markant abrechnet, darf Waren liefern
Ende 2020 rechneten bereits 26 Grossverteiler via Markant ab, darunter Manor, Jumbo, Office World, Landi, Volg oder Valora. Im Jahr 2016 machten sie zusammen 14 Milliarden Franken Umsatz. Nun kommt Coop mit 30 Milliarden Franken Umsatz hinzu.
Markant half bisher Manor & Co., einen wichtigen Wettbewerbsnachteil wettzumachen: Die kleineren Händler kaufen geringere Mengen ein als Migros und Coop und müssen den Herstellern dafür mehr zahlen. Dank Markant bilden sie heute eine Art Einkaufsgemeinschaft. So wächst ihr Einkaufsvolumen – und sie können Zulieferer unter Druck setzen.
Bruno Hugi (Name geändert), Chef eines mittelständischen Lieferanten, erinnert sich an die Verhandlungen mit mehreren Detailhändlern: «Mündlich sagten sie stets, dass sie nur mit uns zusammenarbeiten, wenn wir über Markant abrechnen.» Im Klartext: Entweder beauftragt Hugi Markant – oder er kann keine Artikel in ihren Läden verkaufen.
Die Firma von Ueli Huber (Name geändert) lieferte in einem Jahr Hygieneprodukte an 13 Händler. Die Rechnungen musste er an Markant stellen. Diese verarbeitete 560 Fakturen. Dafür musste Hubers Firma knapp vier Prozent des Umsatzes zahlen – rund 80 000 Franken. Er klagt: «Das ist ein Haufen Geld.» Markant wird zudem laufend teurer: Laut Verträgen, die saldo vorliegen, steigen die Gebühren pro Jahr um 0,1 Prozent.
Nicht alles Geld bleibt bei Markant, einen Teil erhalten die Grossverteiler. In schriftlichen Vereinbarungen beziffert Markant diese an Händler weitergegebenen Inkassogebühren auf 40 respektive 55 Prozent. Laut saldo-Berechnungen kassierten Manor, Volg, Landi und Co. im Jahr 2016 durch diese Kickbacks mindestens 40 bis 50 Millionen Franken extra. Laut Insidern kommen umsatzabhängige Kickbacks für die Händler dazu.
Herbert Mattle, Präsident des Schweizer Verbands für Rechnungslegung und Controlling Veb.ch, taxiert das «System Markant» als äusserst fragwürdig. Er hält die Abrechnungsgebühren für massiv überhöht. In seinen Augen «verbessern Markant und die Händler mit ihrer Scheindienstleistung lediglich ihre Margen auf Kosten der Zulieferer und Konsumenten». Eine Rechnungsstellung sei direkt zwischen Lieferant und Händler möglich – ohne Markant.
Lieferanten, die das Preisdiktat von Markant nicht mitmachen, stossen auf Schwierigkeiten. Im Herbst 2019 weigerte sich Urs Brüderlin (Name geändert), Chef einer Getränkefirma, neue Preisforderungen von Markant zu akzeptieren.
Anfang November 2019 erhielt Brüderlin gleichzeitig zwei Briefe. Im ersten schrieb Manor, dass man alle Gesprächstermine mit der Getränkefirma annulliere, keine neuen Produkte mehr von ihr in die Regale aufnehme und ihre sonstigen Artikel nicht mehr bewerbe. Im zweiten Brief kündigten Spar Schweiz und Grosshändler Top CC dasselbe an – bis sich Brüderlin mit Markant einige.
Wettbewerbskommission untersucht «mögliches Kartell»
Manor gibt an, von Markant über den Konflikt mit Brüderlin informiert worden zu sein. Für Brüderlin ist klar: «Sie stimmten ihr Vorgehen mit Markant ab.» Notgedrungen unterschrieb er den Vertrag.
Für Roger Zäch, ehemaliger Professor für Wirtschafts- und Europarecht an der Uni Zürich, sind «solche abgestimmten Verhaltensweisen ein Indiz dafür, dass Händler und Markant auf die Lieferanten ihre Marktmacht ausüben».
Inzwischen überprüft die Wettbewerbskommission das Geschäftsgebaren von Grossverteilern und Markant. Sie eröffnete Ende Januar eine Vorabklärung gegen Coop wegen des möglichen Missbrauchs einer «marktbeherrschenden Stellung». Sie klärt die Frage, ob Coop Lieferanten drängt, über Markant abzurechnen. Coop bestreitet das gegenüber saldo.
Bereits im September eröffnete die Wettbewerbskommission eine Untersuchung gegen ein «mögliches Kartell». Die Kommission nimmt inhaltlich zu den beiden Verfahren nicht Stellung. Manor, Spar, Landi und Volg wollten sich nicht dazu äussern.
Markant erklärt gegenüber saldo, man biete Kunden «Dienstleistungen mit Mehrwert» zu «marktüblichen Preisen» an.