Beide Seiten lassen sich vor dem Einzelrichter von einem Anwalt vertreten. Beim Beklagten handelt es sich um einen Investor vom Typ smarter Jungunternehmer in Jeans und Veston. Er hat die Gewerbeliegenschaft einem pensionierten Handwerker für 4 Millionen Franken abgekauft und will nun die Rendite erhöhen. Der Kläger ist ein langjähriger Mieter Mitte Dreissig, der viel eigenes Geld in den Ausbau des Lofts investierte und ab dem 1. Oktober 2014 plötzlich 2500 statt 1330 Franken Miete zahlen soll.
Er beantragt, die Mietzinserhöhung sei missbräuchlich und somit für ungültig zu erklären. Der Anwalt begründet: Vor rund zehn Jahren sei der Mieter in leere Lager- und Ausstellungsräume eingezogen. «Es geht hier um eine Rohbaumiete ohne jeden Ausbaustandard in einer gewerblichen Liegenschaft. Der Mieter hat alle Kosten übernommen, um die Räume wohntauglich zu machen.» Fenster und Gipswände wurden eingebaut, Küche, Bad und WC installiert sowie Bodenbeläge verlegt. Insgesamt rund 100 000 Franken investierte der Mieter. Als Gegenleistung sei der Mietzins günstig ausgefallen.
Mietzins: Nur die ersten zehn Jahre sind im Vertrag geregelt
Im Vertrag wurde vereinbart, dass die 100 000 Franken über zehn Jahre amortisiert werden. Zieht der Mieter in dieser Zeit aus, hat der Vermieter an die Umbauten pro verbleibendes Jahr 10 000 Franken zu zahlen – bei einem Auszug nach vier Jahren also beispielsweise 60 000 Franken. Nach zehn Jahren aber, am 30. September 2014, geht der Umbau laut Vertrag entschädigungslos ins Eigentum des Vermieters über.
Der Haken: Im Vertrag wurde nicht festgehalten, ob der günstige Mietzins nach Ablauf der zehn Jahre weiter gelten soll. Der Anwalt des Mieters betont: Eine Erhöhung nach dem 30. September 2014 sei kein Thema gewesen. Im Gegenteil, nach dem Verkauf der Liegenschaft an den Jungunternehmer sei im Jahr 2013 ein neuer Mietvertrag mit verdoppelten Nebenkosten – neu 440 Franken ohne Heizung – aber demselben Nettomietzins von 1330 Franken ausgefertigt worden. Darin habe der neue Vermieter die Reserven für vorbehaltene Mietzinserhöhungen ausdrücklich mit «0 Prozent» beziffert. Schon im folgenden Jahr auf 2500 Franken aufzuschlagen sei «geradezu rechtsmissbräuchlich».
Der Einzelrichter befragt den Mieter persönlich zum Sachverhalt. Dieser antwortet, die Vergünstigung sei für die gesamte Mietdauer abgemacht worden, nicht nur für zehn Jahre. «Einen Vertrag mit einer dermassen massiven Mietsteigerung nach zehn Jahren hätte ich nie unterschrieben», erklärt er dezidiert.
Der Vermieter plädiert für einen «marktüblichen Mietzins»
Da hakt der Gegenanwalt gleich ein. Der Ausdruck «dermassen massiv» verdeutliche, dass der Kläger durchaus mit einer gewissen Mieterhöhung gerechnet habe. Wortreich verteidigt er sodann die angeführten Erhöhungsgründe: den Ablauf der Rückvergütungsjahre und die Anpassung ans ortsübliche Mietzinsniveau. Selbst wenn der Rückzahlungsvertrag den späteren Mietzins nicht ausdrücklich geregelt habe, sei der Mechanismus doch völlig klar: «Der Vermieter erstattet die 100 000 Franken für den Umbau gestaffelt über zehn Jahre. Pro Monat macht das 833 Franken aus – nach zehn Jahren ist die Sache erledigt und es wird ein voller, marktüblicher Mietzins fällig», macht der Anwalt geltend. Wenn das Gericht an einer solchen Absicht des Vertrags zweifle, solle es doch den pensionierten Handwerker als Zeugen befragen, der dem neuen Eigentümer den Loft verkauft habe.
2500 Franken Nettomiete für einen Loft mit über 450 Quadratmetern Wohnfläche seien keineswegs übertrieben. Diese Behauptung versucht der Anwalt des Vermieters mit Inseraten für Wohnlofts bis in den Kanton Aargau zu belegen, «weil vergleichbare Objekte vor Ort kaum zu finden sind». Sein grösster Trumpf ist ein unbeheizter, fensterloser Lagerraum im zweiten Untergeschoss in der gleichen Ortschaft – pro Quadratmeter ein Fünftel teurer als der Loft des Klägers.
Der Einzelrichter erwägt eine Zeugenbefragung. Doch zuerst versucht er, beide Seiten zu einer gütlichen Einigung zu bewegen. Nach einigen Verhandlungsrunden steht der Vergleich. Die Nettomiete wird von 1330 auf 1650 Franken erhöht. Pro Quadratmeter entspricht das etwa dem Preis des inserierten Lagerraums.
Prozessieren: Mietstreitigkeiten - Schlichtung gratis
Wer eine Mietzinserhöhung oder eine Kündigung anficht, muss sein Begehren zuerst bei der Schlichtungsbehörde in Mietsachen einreichen. Dasselbe gilt für Vermieter, die etwa nach dem Auszug von Mietern einen Schadenersatzanspruch wegen Beschädigungen an der Wohnung geltend machen.
Eine Klage bei der Schlichtungsbehörde in Mietsachen ist nicht mit Kosten verbunden: Die Schlichtungsbehörde arbeitet gratis. Erst vor der nächsten Instanz – dem Mietgericht – muss die unterliegende Partei Gerichtskosten zahlen.
Die Schlichtungsbehörde in Mietsachen ist aus Vertretern der Hauseigentümer, der Mieter und der Gerichte zusammengesetzt.