Bei einem Hallux valgus krümmt sich die grosse Zehe gegen die Fussmitte, das Gelenk tritt hervor. Die Fehlstellung ist vererbbar. Enge Schuhe schmerzen und können das Problem verschlimmern.
In den Läden gibt es viele Produkte wie Schienen und Bandagen, welche die Halluxbeschwerden lindern sollen. Die Palette umfasst simple Schienen für die Nacht, aber auch Bandagen mit Gel-Pads oder einem Zehensteg. Es gibt Bandagen mit Extraschlaufen für jeden Zeh oder Schienen, bei denen man den Winkel einstellt, in dem der grosse Zeh stehen soll. Sie kosten zwischen 10 und 100 Franken. Nicht nur Internetläden wie Schmerzfrei-shop.ch und Gesundeprodukte.ch verkaufen die Mittel, sondern auch Apotheken.
Fachleute beurteilen die Produkte skeptisch. Stephan Wirth ist Leiter der Fuss- und Sprunggelenkchirurgie an der Universitätsklinik Balgrist. Er sagt: «Die meisten Halluxschienen sind nutzlos.» Einige der Produkte seien zudem unbequem zu tragen und könnten zusätzliche schmerzhafte Druckstellen verursachen.
Beispiel: Schienen, die den Zehenwinkel verändern, sollen Schmerzen lindern und «den grossen Zeh in die richtige Stellung» bringen – so der Begleittext zur Hallux-valgus-Schiene mit Korrektur von Schmerzfrei-shop.ch. Nur: Eine Übersichtstudie von 2020 im «Journal of Foot and Ankle Surgery» mit 70 Teilnehmern konnte gegenüber anderen Schienen keinen längerfristigen Vorteil bestätigen.
Bei gewissen Produkten «muss man höllisch aufpassen»
Auch Produkte wie der Zehentrenner von Epitact oder der Zehenspreizer von Fussgut sind umstritten: Ein Plastikgestell um den Vorderfuss trennt die grosse Zehe von den anderen ab.
Bereits 2008 zeigte eine Studie, dass solche Schienen nicht in der Lage sind, Fehlstellungen zu korrigieren. Dasselbe gilt für Bandagen mit Zehenschlaufen: Auch sie können neue Druckstellen erzeugen – insbesondere wenn man sie in den Schuhen trägt. Hier müsse man «höllisch aufpassen», sagt Felix Waibel, Oberarzt für Technische und Neuro-Orthopädie an der Universitätsklinik Balgrist.
Bei manchen Fehlstellungen könnten die Hilfsmittel der kurzfristigen Entlastung dienen und den Schmerz lindern. Bandagen mit Gel-Pad wie Texline Hallux von Pedisoft und die Air Hallux Bandage verhinderten möglicherweise offene Stellen am hervorstehenden Gelenk. Auch Halluxsocken mit hartem Zehensteg könnten Füsse kurzzeitig entlasten. Für Neuro-Orthopäde Waibel wäre es sinnvoller, sich bei Beschwerden auf die Schuhe zu konzentrieren: «Möchte man den Druck vom Schuh gegen den Hallux reduzieren, sollte man eher den Schuh anpassen», sagt er.
Besser und günstiger als Schienen seien Kinesio-Tapes: Man klebt sie am Fuss auf und bringt den Zeh so in die gewünschte Position. Mit Gymnastikübungen für den Fuss lassen sich Fehlstellungen oft vermeiden. Operationen sind nicht ohne Risiko, weshalb man damit so lange wie möglich warten sollte («Gesundheitstipp» 3/2017).
Bandagenshop.ch räumt ein, Bandagen oder Schienen allein reichten kaum, um eine Fehlstellung zu korrigieren. Druckstellen entstünden bei falscher Produktwahl oder Anwendung.
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Die Merkblätter lassen sich hier und hier herunterladen.