Die Apotheken-Kette Amavita bietet Kunden ein neues Abo an: Wer will, kann sich jeden Monat fünf Gratistests kostenlos nach Hause schicken lassen. Bislang mussten Versicherte die Selbsttests in der Apotheke abholen. Vom 7. April bis 26. Mai gingen so 16 Millionen Stück über die Theken, wie der Apothekenverband Pharmasuisse mitteilt. Der Bund zahlt bis zu 12 Franken pro Test – insgesamt bis zu 190 Millionen Franken. Das sind 120 Millionen mehr als nötig, wie ein Preisvergleich mit dem Ausland zeigt.
Beispiel Österreich: Versicherte erhalten dort ebenfalls fünf sogenannte «Wohnzimmertests» pro Monat kostenlos in der Apotheke. Beschaffung und Verteilung kosten den Staat aber nur Fr. 4.40 pro Stück. In Deutschland verkauft die Drogerie Müller den «Clongene COVID-19 Rapid»-Test sogar für nur 3 Franken.
In Deutschland kann man aus über 100 Testprodukten wählen
Wie das möglich ist? Dank mehr Wettbewerb. In Deutschland können Testwillige aus über 100 Produkten wählen, in Österreich aus fünf und in der Schweiz aus zwei. Das Heilmittelinstitut Swissmedic liess Ende März nur ein einziges Produkt zu: den «Sars CoV-2 Rapid Antigen»-Test der Basler Roche.
Ende April folgte der Test des US-Herstellers Becton Dickinson. Er ist erst seit dem 10. Mai in Apotheken erhältlich – als Roche bereits über zehn Millionen Tests abgesetzt hatte und die Nachfrage nachliess.
Weitere Hersteller hätten ihre Selbsttests gern in der Schweiz verkauft, sagt ein Branchenkenner, der anonym bleiben will. Der Bund erschwerte das: So müssen sie Selbsttests in Schweizer Labors prüfen lassen. Kostenpunkt: 10 000 Franken.
Österreich war zudem selbst aktiv und kaufte 42 Millionen Tests ein. Bei Verhandlungen mit den Herstellern wurde der Stückpreis auf Fr. 2.20 gedrückt. Zum Vergleich: Der Bund legt nur eine Höchstvergütung von 12 Franken fest und lässt Herstellern freie Hand beim Preis. Roche und Becton Dickinson verlangen Fr. 5.50 pro Test, Grosshändler bis zu Fr. 6.60. Dabei kostet die Herstellung eines Tests laut US-Forschern nur 90 Rappen. Der Bund vergütet Apothekern zudem Fr. 4.40 pro Test als Vertriebspauschale. Das ist doppelt so viel, wie ihre Kollegen in Österreich erhalten.
Preisüberwacher Stefan Meierhans wundert sich, «dass lange nur der Test einer Schweizer Firma zugelassen war – dies geht zulasten der Steuerzahler». Der Thurgauer Nationalrat Christian Lohr (Mitte) bemängelt, Roche und Becton Dickinson würden «sehr hohe Margen einfahren». Für Patrick Durisch von der Organisation Public Eye ist klar: «Der Bund macht der Pharma einmal mehr Geschenke.»
Jonas Montani vom Bundesamt für Gesundheit sagt, der Bund habe «keine Festsetzungskompetenz» für Herstellerpreise. Die Beschaffung der Selbsttests auf dem freien Markt habe sich bewährt.
Halbe Milliarde für PCR-Tests
In der Schweiz und in Liechtenstein wurden bis 6. Juni rund 7,9 Millionen Personen auf eine Coronainfektion getestet. 6,3 Millionen waren PCR-Tests, 1,6 Millionen Antigen-Tests. Das zeigen Zahlen des Bundesamts für Gesundheit. Medizinlabors bekamen von März bis Ende April 2020 pro Testauswertung 180 Franken – drei Mal so viel wie in Deutschland. Heute sind es in der Regel noch 74 Franken. Labors strichen gemäss saldo-Berechnungen bis heute allein durch PCR-Analysen 542 Millionen Franken ein. Die Steuerzahler tragen nach Angaben des Bundes etwa 90 Prozent dieser Kosten, den Rest die Krankenkassen und die Benutzer.