Chronisch Kranke sollten sich einem Ärztenetzwerk oder einer Gruppenpraxis anschliessen. Dort erhalten sie in der Regel eine bessere ärztliche Betreuung als bei Hausärzten, die keinem Netzwerk angehören. Das zeigt eine neue Schweizer Studie im Fachmagazin «International Journal of Integrated Care».
Die Autoren vom Institut für Hausarztmedizin an der Universität Zürich und der Helsana untersuchten erstmals, was strenge strenge Hausarztmodelle Patienten mit typisch chronischen Krankheiten bringen. Dabei handelt es sich um Versicherungsmodelle, bei denen der Hausarzt auch die Gesundheitskosten seines Patienten im Blick hat. Bisher fehlten dazu klare Daten (saldo 13/10).
Die Zürcher Forscher analysierten die Daten von über 70 000 Patienten mit chronischen Herz- und Kreislaufkrankheiten sowie von rund 12 000 Diabetikern und 17 500 Patienten mit Atemwegserkrankungen. Die Daten aus den Jahren 2012 und 2013 stammen von der Helsana. Das Uni-Institut finanziete die Studie aus eigenen Mitteln.
Jeder zweite Patient liess sich im Standardversichertenmodell betreuen, sprich: Sie durften frei entscheiden, ob sie einen Spezialisten konsultieren wollten. Die andere Hälfte war in einem Hausarztmodell mit Budgetverantwortung versichert, einem sogenannten Managed-Care-Modell. Das heisst: Die erste Anlaufstelle bei gesundheitlichen Problemen ist stets der Hausarzt (siehe Kasten im PDF).
Weniger Einweisungen ins Spital bei Managed-Care-Patienten
Das wichtigste Ergebnis der Studie: Diabetiker und Herzpatienten in Hausarztmodellen mussten seltener ins Spital als Standardversicherte mit den gleichen Krankheiten. Die Unterschiede liegen bei 5 bis 10 Prozent. Konkret: Von den Diabetikern im Hausarztmodell wurden 19 Prozent hospitalisiert, bei den Standardversorgten waren es 21 Prozent. Von den Managed-Care-Patienten mit einer Herz-Kreislauf-Erkrankung landeten 14,7 Prozent im Krankenhaus, von den Standardversorgten 15,4 Prozent. Keine Unterschiede gab es bei den Lungenpatienten.
Die Zahl der Spitaleinweisungen sehen die Autoren als Gradmesser für die Qualität der Hausarztversorgung: Macht der Arzt seine Arbeit gut, muss der chronisch kranke Patient mit weniger schweren Folgeerkrankungen rechnen.
Das zahlt sich aus: Unter dem Strich lagen die jährlichen Gesundheitskosten bei den Patienten im Hausarztmodell um 780 Franken oder 10 Prozent tiefer als bei denen im Standardmodell: Diabetiker sparten 1064 Franken, Herzkranke 680 Franken und Lungenkranke 501 Franken.
Studienautor: Bei einigen Hausärzten gibt es Nachholbedarf
Mitautor Thomas Rosemann, Professor für Hausarztmedizin an der Universität Zürich, erklärt den Unterschied damit, dass diese «Managed-Care-Ärzte Diabetiker und herzkranke Patienten besser begleiten». Denn sie hielten sich strikter an die Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften. Diese basieren auf den neusten Erkenntnissen der Wissenschaft und definieren, welche Schritte optimal für die Behandlung des Patienten sind. Dadurch würde «eine Überversorgung verhindert, von der die Patienten nicht profitieren». Bei einigen Hausärzten ortet Rosemann Nachholbedarf: «Würden sie die Leitlinien besser umsetzen, stiege die Qualität der Versorgung.»
So funktionieren Hausarztmodelle
Bei Hausarztmodellen verzichten Patienten auf die freie Arztwahl. Sie müssen stets zuerst den Hausarzt aufsuchen, der einem Ärztenetzwerk oder einer Gruppenpraxis angehört. Dieser nimmt eine erste Beurteilung vor, behandelt den Patienten oder überweist ihn zum Spezialisten oder ins Spital. Der Arzt fungiert als Gesundheitsmanager des Patienten. Er hat den Überblick über Diagnosen und Verschreibungen. Das soll unnötige Behandlungen verhindern.
Bei Hausarztmodellen mit Budgetverantwortung übernimmt der Hausarzt zusätzlich eine Mitverantwortung für die Behandlungskosten, die der Patient verursacht.
Das Ärztenetzwerk oder die Gruppenpraxis des Arztes handelt mit Krankenversicherern jährliche Gesamtbudgets und Sparziele für gewisse Versichertengruppen aus, etwa für Diabetiker. Hält das Netzwerk die Vorgaben ein, bekommt es eine Erfolgsbeteiligung. Mit der Wahl eines Hausarztmodells können Versicherte bis zu 15 Prozent der Standardprämie sparen.