«Grundrechte in Quarantäne»
Der Jurist und Journalist Heribert Prantl kritisiert in seinem neuen Buch die Aushebelung der Grundrechte während der Coronapandemie.
Inhalt
saldo 09/2021
11.05.2021
Letzte Aktualisierung:
19.05.2021
René Schuhmacher
Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg wurden die in der Bundesverfassung verbrieften Grundrechte so stark eingeschränkt wie seit März 2020. Fast alle Medien klatschten Beifall. Der «Tages-Anzeiger» etwa schrieb, es sei jetzt nicht die Zeit für ein Grundrechtsseminar. In Kommentaren forderte die Zeitung von der Polizei ein hartes Durchgreifen – auch gegen Menschen, die friedlich gegen die Schutzmassnahmen protestierten.
Heribert Prantl k...
Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg wurden die in der Bundesverfassung verbrieften Grundrechte so stark eingeschränkt wie seit März 2020. Fast alle Medien klatschten Beifall. Der «Tages-Anzeiger» etwa schrieb, es sei jetzt nicht die Zeit für ein Grundrechtsseminar. In Kommentaren forderte die Zeitung von der Polizei ein hartes Durchgreifen – auch gegen Menschen, die friedlich gegen die Schutzmassnahmen protestierten.
Heribert Prantl kritisiert in seinem neuen Buch «Not und Gebot, Grundrechte in Quarantäne» die Entwicklung zu einem Regierungsstil, der «im Namen der öffentlichen Gesundheit die Grundrechte der Bevölkerung per Dekret aushebelt» – und das ohne Begründung. Der frühere Staatsanwalt und Richter erinnert daran, dass sich «nicht die Freiheit rechtfertigen muss, sondern ihre Begrenzung». Grundrechte seien keine Privilegien, die der Staat zuteilt oder die sich die Bürger durch ein bestimmtes Handeln wie etwa das Impfen verdienen müssten.
Das ehemalige Chefredaktionsmitglied der «Süddeutschen Zeitung» kritisiert auch die Medien. Sie seien mitverantwortlich für ein Klima, «in dem verfassungsmässige Rechte von heute auf morgen abgeschafft oder eingeschränkt werden können». Medien seien nicht dazu da, «Menschen den Mund zuzubinden, sondern sie ins Gespräch zu bringen». Sie sollten «hemmunglos fragen und recherchieren, was die Verbote nützen und welche Schäden sie verursachen».
Das höchst aktuelle Buch ist kein Grundrechtsseminar. Es hinterfragt in verständlicher Sprache die Entwicklungen seit Beginn der Pandemie, die zu einem «unglaublichen Hass» gegenüber allen geführt habe, welche die staatlichen Anordnungen in Frage stellten. Prantl will mit dem Buch das «Reizklima abbauen», das der «virologisch-publizistisch-politische Verstärkungskreislauf» geschaffen hat. Eine gute Demokratie glaube an die Eigenverantwortung der Bürger: Sie müsse diese stärken – und nicht denunzieren.
Heribert Prantl, «Not und Gebot, Grundrechte in Quarantäne», Verlag C. H. Beck, München 2021, ca. 22 Franken