Bahnfahren ohne Zeitverlust am Automaten oder am Schalter: Beim Einsteigen zückt der Kunde das Smartphone und macht eine wischende Handbewegung nach rechts. Beim Aussteigen dasselbe nach links. Abfahrts- und Zielort stellt das Handy selbst fest. Das bietet die neue Gratis-App Fairtiq.
Das Gerät merkt sich bei Gebrauch der App via GPS automatisch, welche Strecke der Passagier fährt. Der geschuldete Betrag wird am Ende des Tages seiner Kreditkarte belastet.
Dem Tarifdschungel ein Schnippchen schlagen
Fairtiq ist bisher in fünf Tarifverbünden im Einsatz: Frimobil (Region Fribourg), Passepartout (Innerschweiz), Libero (Bern-Biel-Solothurn), Engadin Mobil (Oberengadin) und auf den Strecken der Thuner Verkehrsbetriebe (STI). Das Angebot umfasst Einzelbillette, Tages- oder Mehrfahrtenkarten. Hinter Fairtiq steht ein junges Unternehmen aus Bern. Dessen Chef, Gian-Mattia Schucan, war bis 2013 Vertriebschef bei den SBB.
Die App ist für Bahn- und Bus-Benutzer interessant, die kein Abonnement besitzen, sich im Tarifdschungel nicht auskennen und mit dem Smartphone unterwegs sind. Die App belastet automatisch den günstigsten Tarif pro Strecke. Und pro Tag verrechnet sie höchstens den Preis einer Tageskarte.
saldo machte zehn Stichproben in allen fünf Regionen – und konnte Geld sparen. Beispiel: In der Stadt Luzern hätte der saldo-Tester für eine Kurzstrecke und ein Einzonenbillett zusammen Fr. 5.50 bezahlt, da ihm nicht bekannt war, dass ein Mehrzonenbillett nicht nur eine, sondern zwei Stunden gültig ist. Die Fairtiq-App belastete einzig ein Dreizonenbillett für Fr. 4.20. Ersparnis: Fr. 1.30.
Vergisst man, sich abzumelden, schickt die App 5 Minuten nach dem Aussteigen eine Warnung. Via GPS erkennt die App, wenn man nicht mehr im Bus, Tram oder Zug sitzt.
Im saldo-Anwendungstest klappte diese Warnung nur in einem Fall nicht. Die App war eine Stunde nach dem Ausstieg noch aktiv. Berechnet wurde trotzdem nur die Fahrt bis zur Ausstiegshaltestelle, da das GPS keine Weiterfahrt lokalisierte.
Bewegungsdaten bleiben ein Jahr lang gespeichert
Nachteil der neuen App: Sie verbraucht viel Strom, während sie in Gebrauch ist. Im Test blieb dem Akku des iPhones 5 nach 45 Minuten nur noch eine Kapazität von 90 Prozent – ohne weitere Aktivitäten auf dem Smartphone. Steigt der Akku während der Fahrt aus, ist man ohne gültigen Fahrausweis unterwegs.
Pro Stunde konsumiert Fairtiq zudem 5 Megabyte Daten. Mit einem Prepaid-Handy zahlt man dafür zwischen 6 Rappen und Fr. 1.40. Auf dem iPhone funktioniert die App ab Betriebssystem 8.3, bei Android-Handys ab 4.3. Bei der Installation muss man sich mit der E-Mail-Adresse und Kreditkartennummer registrieren. Zudem: Die Ortungsdaten werden laut AGB während zwölf Monaten aufbewahrt. Transportunternehmen können bei Reklamationen auf diese Daten zugreifen.