Eine Umfrage bei 1500 Personen in der Schweiz ergab, dass über 85 Prozent täglich bis zu zwei Stunden gedruckte Zeitungen lesen. Nur 11,8 Prozent blättern nie eine gedruckte Zeitung durch. Die Zahlen von 2012 stammen von der Hochschul-Organisation European Social Survey mit Sitz in London. Finanziert wird sie von 23 europäischen Staaten, darunter der Schweiz.
Seit der Jahrtausendwende verlagern die grossen Verlagshäuser ihre Berichterstattung immer mehr ins Internet. Der Marktanteil der gedruckten Presse sinkt. Tamedia erwirtschaftete letztes Jahr 24 Prozent des Umsatzes im Digitalgeschäft – vor allem mit Plattformen für Autos, Immobilien und Stellen. Bei Ringier beträgt dieser Anteil fast ein Drittel.
Das hat Folgen: Der Umfang des redaktionellen Teils der Zeitungen nimmt ab. Gleichzeitig steigt der Preis für das geschrumpfte Angebot.
Konkret: Das Zürcher Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft verglich im Auftrag von saldo die Anzahl der redaktionellen Artikel von «Blick», «Tages-Anzeiger» und NZZ in den Jahren 2000 bis 2016. Stichdatum war jeweils der zweite Mittwoch im Januar. Ebenfalls untersucht wurde die Zeichenzahl aller Artikel.
Weniger Artikel, höhere Preise
Die Resultate: Alle drei Zeitungen enthalten weniger Artikel (siehe Grafik). Beispiel Blick: Am Stichdatum im Jahr 2000 erfreuten sich die Leser an 97 geschriebenen Artikeln. In diesem Jahr waren es 56 Artikel. Insgesamt sank die Zeichenzahl um über 23 000 Zeichen, rund 20 Prozent.
Erhöht hat sich hingegen der Preis. Im Jahr 2000 kostete ein «Blick»-Jahresabo 284 Franken, heute sind es 379 Franken. Ringier-Sprecher Edi Estermann wehrt sich: Der «Blick» habe in den vergangenen Jahren einen «über das Journalistische hinausreichenden Mehrwert» geschaffen. Als Beispiel nennt er Gewinnspiele.
Auch der «Tages-Anzeiger» passt immer besser in den Briefkastenschlitz. Am Stichdatum im Jahr 2000 zählt das Forschungsinstitut 113 Artikel. 2016 waren es 84 Artikel. Das ist ein Minus von 25 Prozent. Trotzdem bezahlen die Tagi-Leser mehr. Der Jahresabopreis stieg von 308 auf 528 Franken, also plus gut 70 Prozent.
Tamedia-Sprecher Christoph Zimmer sagt, «die durchschnittliche Länge eines Artikels» habe «seit 2000 um 30 bis 40 Prozent zugenommen». Das kompensiert aber nicht den redaktionellen Rückgang. In Zahlen: Die Tagi-Nummer von 2016 umfasst über 23 000 Zeichen weniger als die Nummer der Jahrtausendwende.
Im Jahr 2000 kostete das NZZ-Abo 355 Franken. Jetzt sind es 626 Franken. Und auch hier gilt: Am Stichdatum sank die Anzahl der Artikel von 172 auf 124. «Seit letzten August haben wir den Fokus noch stärker auf hintergründige und damit tendenziell längere Artikel gelegt», sagt NZZ-Sprecherin Myriam Käser.
Wie auch immer: Die Ausgabe vom Stichdatum 2016 hat 140 010 Zeichen weniger als die Ausgabe von 2000. Das entspricht über 45 saldo-Seiten.