Das Bezirksgericht Lenzburg AG ist an diesem Vormittag fest in Frauenhand. Am Richterpult sitzen fünf Richterinnen und eine Gerichtsschreiberin. Beide Parteien werden von Anwältinnen vertreten. Der einzige Mann vor Gericht ist der Kläger, der die Klage gegen seine Noch-Ehefrau einreichte.
Vor zehn Jahren war das Eheglück noch perfekt. Das Paar heiratete und gründete im Kanton Luzern eine Möbelfirma. Das Unternehmen gedieh.Doch vor drei Jahren zerstritten sich die Eheleute. Die Frau hatte sich in einen anderen Mann verliebt und wurde schwanger. Der Ehemann zog aus der Wohnung, die Frau verliess die Firma. Den BMW X6, den sie auch als Geschäftsauto verwendete, nahm sie mit.
Vor Gericht läuft bereits ein Trennungs- und Scheidungsverfahren. Heute klagt der Mann im Namen des Unternehmens gegen seine Ex-Partnerin. Sie solle das Geschäftsauto im Wert von rund 120 000 Franken der Firma zurückgeben.
Die Gerichtspräsidentin will es genau wissen und befragt zuerst die Beklagte: «Wer hat das Auto gekauft?» «Ich privat», antwortet die Frau. Die Richterin hakt nach, warum denn der Kaufvertrag auf den Namen der Firma laufe. Die Beklagte antwortet, sie habe es zunächst halb beruflich und halb privat verwendet. «Nach der Trennung hat mein Ex das Auto beim Strassenverkehrsamt auf mich überschrieben.» Seither bezahle sie auch alle Rechnungen für den Wagen.
Die Richterin fragt den Kläger, warum er das Auto auf seine Frau überschrieben habe. Er entgegnet: «Ich habe das Formular nicht unterzeichnet. Das ist nicht meine Unterschrift.» Und er betont, die Firma habe das Auto gekauft: «Auch steuerlich lief das Auto über das Geschäft.»
Nun haben die Anwältinnen das Wort. «Mein Klient war bei der Überschreibung des Autos auf die Beklagte nicht beteiligt», sagt die Vertreterin des Mannes. Das Eigentum sei nicht auf die Beklagte übergegangen. Die Frau habe auch nie etwas für das Auto bezahlt.
Die Anwältin der Frau entgegnet, der Ex-Partner behaupte heute zum ersten Mal, er habe das Formular für den Halterwechsel nicht unterzeichnet. Diese Aussage sei jedoch nicht glaubhaft: «Er reichte ja nicht mal eine Anzeige wegen Urkundenfälschung ein.»
Das Gericht berät eine knappe halbe Stunde über den Fall. Dann spricht die Gerichtspräsidentin das Urteil: «Die Klage wird abgewiesen.» Die Firma muss die Gerichtskosten von 6600 Franken übernehmen und der Frau für deren Anwaltskosten eine Entschädigung von 7793 Franken zahlen.
Strassenverkehrsamt vollzog den Halterwechsel korrekt
Das Gericht begründet das Urteil so: Die Firma habe nicht nachweisen können, dass sie Eigentümerin des Autos sei. Die Indizien sprächen im Gegenteil dafür, dass die Frau rechtmässige Besitzerin des BMW sei: Dieser sei an ihrem Geburtstag gekauft worden, und das Gericht habe den BMW im Trennungsurteil der Frau zugesprochen. Zudem habe das Strassenverkehrsamt den Halterwechsel korrekt vorgenommen.
Die Beklagte und ihre Anwältin nicken zufrieden und verlassen den Gerichtssaal. Der Kläger bleibt sitzen und teilt der Richterin mit, dass er dieses Urteil nicht nachvollziehen könne. Dann zieht auch er sich zurück – zumindest vorübergehend: Der nächste Termin beim Scheidungsgericht folgt in Kürze.
Dokumente sind bessere Beweise als mündliche Aussagen
Der Eigentümer einer Sache kann diese von einem unberechtigten Besitzer herausverlangen – notfalls durch eine gerichtliche Klage. Dabei muss der Kläger beweisen, dass er rechtmässiger Eigentümer ist. Am einfachsten geht das mit Urkunden wie etwa Verträgen. Wer behauptet, eine Unterschrift auf einem Dokument sei gefälscht, sollte dies möglichst belegen können – allenfalls mit einem Gutachten. Sonst ist eine Klage höchst riskant.