Wer oft Sport treibt, bleibt länger gesund. Das ist eine verbreitete Annahme. Doch nun zeigt eine Studie aus Belgien: Ausdauertraining im Übermass schadet dem Herz.
Die Forscher untersuchten 550 Männer im Alter von durchschnittlich 55 Jahren. Sie teilten sie in drei Gruppen ein. Die erste umfasste rund 200 Sportler, die seit Jahren intensiv Ausdauersport betrieben. Das heisst: Sie fuhren pro Woche mindestens acht Stunden auf dem Velo, joggten mindestens sechs Stunden oder betrieben mehr als acht Stunden Triathlon – eine Kombination aus Schwimmen, Velofahren und Joggen.
Die Forscher verglichen die Intensivsportler mit Leuten, die wenig oder keinen Sport machten. Einige von diesen joggten ab und zu, andere spielten Fussball oder bewegten sich nicht regelmässig.
Mehr Kalkablagerungen bei Ausdauersportlern
Die Forscher untersuchten die Herzarterien aller Teilnehmer im Computertomografen (CT). Mit dem Röntgengerät erkennt der Arzt Kalkablagerungen in den Gefässen. Diese sind ein Risiko für einen Herzinfarkt.
Resultat: Ausdauersportler, die seit Jahren intensiv trainierten, hatten nicht bessere Gefässe als Nicht-Sportler. Im Gegenteil: Bei ihnen fanden sich gar deutlich mehr Ablagerungen als bei Studienteilnehmern, die nicht gezielt trainierten. Frühere Studien waren zu ähnlichen Ergebnissen gekommen – etwa eine niederländische Untersuchung von 2018. Die Forscher fanden mit CT-Untersuchen heraus, dass zu intensiver Ausdauersport mit der Zeit zu einem verfaserten Herz oder im schlimmsten Fall zum plötzlichen Herztod führen kann.
Den Zürcher Sportarzt Walter O. Frey erstaunen diese Ergebnisse nicht. Je mehr Sport, desto gesünder – diese Vorstellung sei falsch. «Spitzensport hat nichts mit Gesundheit zu tun», sagt Frey. Es gehe nur darum, dem Körper die beste Leistung abzuringen.
Der Sportmediziner Christian Protte, der an der Eidgenössischen Hochschule Sport in Magglingen BE tätig ist, bestätigt: «Bei Sportlern, die über viele Jahre sehr intensiv trainierten, wurden eher Ablagerungen, Vorhofflimmern oder strukturelle Veränderungen am Herz oder bei den Gefässen nachgewiesen.»
Die Ursachen seien erst ansatzweise erforscht. Bisherige Erkenntnisse deuten darauf hin, dass das Herz durch das viele Trainieren zu gross und weniger elastisch werden kann – und dass eine zu hohe Belastung über Jahre auch die Blutgefässe schädigen könne.
Eine weitere mögliche Ursache ist Stress. Der Zürcher Hausarzt Thomas Walser sagt, intensiver Ausdauersport sei für den Körper ähnlich schädlich wie Dauerstress. Auch beim Sport schütte der Körper das Stresshormon Kortisol aus. «Ein erhöhter Kortisolspiegel unterdrückt das körpereigene Abwehrsystem», sagt Walser. «So bleiben Entzündungswerte dauerhaft erhöht.» Das begünstige das Verkalken von Arterien.
Um gesund zu bleiben, sollte man sich daher mässig, aber regelmässig bewegen. Sportarzt Protte rät, drei Mal pro Woche eine Stunde lang zu trainieren, zum Beispiel mit zügigen Spaziergängen, leichtem Joggen oder Velofahren.
Fit ohne Training: Tipps für den Alltag
- Machen Sie in der Mittagspause einen zügigen Spaziergang.
- Verzichten Sie auf Lift und Rolltreppe und steigen Sie stattdessen die Treppen hoch.
- Stehen Sie im Büro so oft wie möglich auf, zum Beispiel beim Telefonieren.
- Führen Sie Besprechungen im Stehen durch.
- Verzichten Sie so oft wie möglich aufs Auto und gehen Sie zu Fuss.