Die tibetische Medizin ist in der Schweiz beliebt. Immer mehr tibetische Heiler eröffnen Praxen (siehe «Gesundheitstipp» 3/2015).
Auch die Arzneimittelfirma Padma aus Wetzikon ZH versucht, von der Begeisterung für die Heilkunst vom Himalaya zu profitieren. Padma verkauft Kapseln, die mit Kräutermischungen nach tibetischen Rezepturen gefüllt sind. Um das asiatische Image zu stärken, sucht die Firma die Nähe zu Geistlichen: Als der Dalai Lama im Februar Basel besuchte, war Padma mit einem Stand präsent. Bereits 2005 beehrte der Dalai Lama das Werk in Wetzikon mit einem Besuch.
Bisher schafften nur drei Padma-Produkte die Zulassung in der Schweiz. Am bekanntesten ist Padma 28. Zugelassen sind auch ein Abführmittel sowie ein Verdauungsmedikament.
Sieben weitere Produkte dürfen nur im Kanton Appenzell-Ausserrhoden verkauft werden. Der Grund: Padma konnte nicht nachweisen, dass die Mittel wirken.
Glaubt man den Werbetexten, ist Padma 28 ein wahres Wundermittel: Es soll nicht nur gegen Durchblutungsstörungen, Wadenkrämpfe und Arterienver-kalkung helfen, sondern auch das Immunsystem stärken und Entzündungen sowie Atemwegsinfektionen heilen. Laut der Packungsbeilage enthält das Mittel über 20 Pflanzen – unter anderem Akelei, Baldrian, Eisenhut, Gewürznelken, Sandelholz und Kampfer.
«Das Mittel hilft vor allem der Firma, die es verkauft»
Daniel Staub, Chefarzt und Spezialist für Gefässkrankheiten am Unispital Basel, wirft Padma «Geschäftemacherei» vor: «Das Medikament Padma 28 hilft vor allem der Firma, die es verkauft.» Studien seien nur mit wenigen Patienten durchgeführt worden und hätten methodische Mängel. Staub empfiehlt bei Durchblutungsstörungen gesunde Ernährung und mehr Sport. Auch der Basler Arzt Urspeter Masche sagt, es gebe «kaum Beweise», dass die Padma-Präparate wirksam sind. Eine Übersichtsstudie der Cochrane-Forschergruppe fand zwar Anzeichen dafür, dass Padma 28 in den ersten vier Monaten nach der Einnahme die Beschwerden von Durchblutungsstörungen lindern kann. Doch auch die Cochrane-Forscher empfehlen das Mittel nicht, weil die Beweislage ungenügend sei.
Markus Senn, Geschäftsführer des Schweizer Verbands der anerkannten Naturheilpraktiker, sagt: «Die Mittel der Firma Padma widersprechen grundsätzlich dem Konzept der traditionellen tibetischen Medizin.» Die tibetischen Ärzte geben ihren Patienten individuell gemischte Medikamente, so Senn. Padma verkaufe hingegen fixfertige Mischungen.
Um das Werbeverbot für Arzneimittel zu umgehen, verkauft der Hersteller seinen Kassenschlager unter zwei verschiedenen Namen: Padma 28 wird nicht von Krankenkassen bezahlt. Ärzte verschreiben das gleiche Produkt unter dem Namen Circosan. Der Grund: Für rezeptpflichtige Mittel darf der Hersteller nicht werben, aber die Krankenkassen vergüten sie.
Zur Kritik der Fachleute sagt Padma-Chef Herbert Schwabl, für ihn seien die Berichte von Patienten, denen die Mittel geholfen hätten, wichtiger als Studien. Es sei «üblich», ein Medikament unter zwei verschiedenen Namen zu verkaufen. Padma wolle damit nicht das Werbeverbot umgehen, sondern eine wirtschaftliche Produktion ermöglichen.
Naturheiltherapien
- Lassen Sie sich von einem Arzt behandeln, der eine komplementärmedizinische Zusatzausbildung absolviert hat.
- Falls Sie sich von einem Naturheilpraktiker behandeln lassen möchten, finden Sie geprüfte Therapeuten im Erfahrungsmedizinischen Register (www.emindex.ch).
- Die Grundversicherung der Krankenkasse bezahlt Behandlungen der anthroposophischen Medizin, der Homöopathie, der Neuraltherapie, der Phytotherapie und der traditionellen chinesischen Medizin.
- Verzichten Sie auf Medikamente mit fixfertigen Kräutermischungen.
Im Ratgeber «Alternative Heilmethoden» (1. Auflage, 168 Seiten) finden Sie alles Wissenswerte zu 85 alternativen Therapien.