Das Richteramt Thal-Gäu SO hat einen ungewöhnlichen Mietrechtsfall zu beurteilen. Die beiden Streithähne kennen und schätzten sich seit langem, und der Mieter arbeitet im Geschäft des Vermieters. Doch nun wirft ihm der Vermieter vor, die gemietete Wohnung in einem «katastrophalen Zustand» hinterlassen zu haben, und fordert 20'000 Franken Schadenersatz.
«Mindestens so viel» habe der Vermieter für die Beseitigung der Schäden an der Wohnung aufgebracht, behauptet sein Anwalt. Er hält Fotos in die Luft, auf denen grosse Bohrlöcher in den Wänden zu sehen sind. Und an einigen Stellen scheint das Parkett zerstört zu sein. Neben Farbflecken und erheblichen Abnutzungen an den Wänden im Wohn- und Schlafzimmer ist an einigen Stellen Schimmelbefall sichtbar. Auch das Lavabo und die Dusche sowie die Verbindungstür zum Hobbyraum nahmen angeblich Schaden, ebenso die Aussenfassade.
«Was hier vom Beklagten als normale Abnutzung bezeichnet wird, bleibt schleierhaft», sagt der Anwalt. In Wirklichkeit handle es sich um «unsorgfältigen und respektlosen Umgang» mit den Räumlichkeiten. Der Vermieter habe die Böden erneuern, die Wände neu streichen und ein Lavabo ersetzen müssen.
Mieter musste wegen geplanter Renovation ausziehen
«Das ist ja wohl ein Witz», entgegnet die Anwältin des Mieters. Ihr Mandant habe ausziehen müssen, weil die Wohnung komplett renoviert werden sollte. «Der Vermieter will nun einfach die Renovationsarbeiten auf meinen Mandanten abwälzen.»
Zur Richterin gewandt ergänzte sie: Der Mieter sei in einer unangenehmen Lage. Er sei vom Eigentümer als Handwerker angestellt, die neue Mietwohnung gehöre ebenfalls dem Kläger. «Der Klient ist vom Kläger abhängig, und dieser nutzt das schamlos aus», sagt sie.
Der Mieter habe dem Vermieter vor der Wohnungsübergabe seinerzeit 4000 Franken als Depot zahlen müssen. Dieses Geld fordert er nun zurück. «Mein Mandant musste das Geld bei ihm persönlich vorbeibringen. Der Vermieter nötigte ihn dazu mit der Drohung, ihm die Schlüssel für die neue Wohnung zu verweigern, wenn er nicht zahlt», schildert die Anwältin. Der Vermieter habe das Geld nicht wie vorgeschrieben auf ein Mietsperrkonto im Namen des Mieters einbezahlt.
Der Kläger gibt das gegenüber der Richterin offen zu: «Ja, er brachte mir das Geld nach Hause. Ich brauchte eine Absicherung, ich wusste ja nicht, wie er die Wohnung hinterlassen wird.» Die Anwältin des Mieters kritisiert, der Vermieter habe die angeblichen Mängel zu spät gerügt, nämlich erst fünf Tage nach der Wohnungsübergabe. Das sei inakzeptabel, das Bundesgericht gehe von einer Frist von zwei bis drei Tagen aus.
Beim Schimmelbefall sage der Kläger nicht die Wahrheit. Der Mieter habe die Verwaltung wiederholt auf Feuchtigkeitsschäden hingewiesen «und darauf, dass seine Tochter deswegen Atembeschwerden hat». Die Verwaltung habe jedoch nicht darauf reagiert.
Vermieter scheitert mit dem grössten Teil seiner Forderung
Die Richterin verschickt zwei Wochen später ihr Urteil: Der Mieter muss dem Vermieter 6660 Franken zahlen. Er habe nachweislich die Böden, die Wände und das Lavabo beschädigt.
Doch für die Reparatur der Aussenfassade hat er nicht aufzukommen. Der Vermieter muss dem Beklagten die 4000 Franken Depot zurückerstatten. Die Gerichtskosten belaufen sich auf 3300 Franken. Der Vermieter muss 2310 Franken bezahlen, der Mieter 990 Franken.
Das sollten Sie beim Auszug im Abnahmeprotokoll regeln
- Beschreiben Sie allfällige Schäden an der Wohnung präzise.
- Normale Abnützungserscheinungen sind als solche zu bezeichnen oder gar nicht zu protokollieren.
- Bringen Sie Korrekturen an, wenn Sie mit den Anmerkungen des Vermieters nicht einverstanden sind.
- Haken Sie Positionen ab, die nicht beanstandet werden.
- Unterschreiben Sie keine Schuldanerkennung.
- Niemand ist verpflichtet, das Protokoll zu unterschreiben, wenn er der Ansicht ist, dass es unrichtige Angaben enthält.
- Verlangen Sie eine Kopie des Protokolls und bewahren Sie sie auf.