E in Mann aus Niederlenz AG besuchte im April 2022 eine Bau- und Möbelmesse in Wettingen AG. Am Stand einer Möbelfirma kaufte er ein Ledersofa für 14'500 Franken, das dort ausgestellt war.
Ein paar Wochen später wollte er vom Vertrag zurücktreten. Er weigerte sich, die Vorauszahlung von 5000 Franken zu leisten. Die Möbelfirma klagt diese Summe nun am Bezirksgericht Lenzburg ein. Der Anwalt der Firma legt der Einzelrichterin dar, wie es zum Vertragsschluss gekommen sei.
Der Verkäufer habe mit dem Kunden ein rund anderthalbstündiges Gespräch geführt. Am Schluss sei der Vertrag über den Kauf der Polstergruppe unterschrieben worden. Von einem Rücktrittsrecht sei nie die Rede gewesen. Auch im Kaufvertrag stehe kein Wort von einem Rücktrittsrecht. «Der Beklagte hat den Vertrag unterschrieben. Er ist daran gebunden», sagt der Anwalt. Abgemacht worden sei, dass der Käufer die 5000 Franken bis zum 15. Oktober 2022 bezahle.
«Diesen Betrag schuldet er meinem Klienten noch immer.» Der Anwalt des Sofakäufers widerspricht: Mündlich sei sehr wohl ein Rücktrittsrecht vereinbart worden. «Mein Klient hätte demnach bis Mitte Oktober 2022 Zeit gehabt, vom Kaufvertrag zurückzutreten.» Die Möbelfirma habe ihm das mehrfach bestätigt, die Ehefrau seines Mandanten könne das bezeugen.
Käufer bemerkte es später, dass eine Rücktrittsklausel fehlte
An der Messe sei es lärmig und hektisch gewesen, so der Anwalt weiter. «Mein Klient übersah deshalb, dass im Vertrag kein Rücktrittsrecht festgehalten wurde.» Erst zu Hause habe er bemerkt, dass die Rücktrittsklausel fehlte. «Unverzüglich verlangte er vom Kläger, ein Rücktrittsrecht in den Vertrag aufzunehmen, wie es mündlich vereinbart worden sei.»
Sein Klient könne auch deshalb vom Kaufvertrag zurücktreten, weil er über die Produktionsart des Möbelstücks getäuscht worden sei. «Er ging davon aus, dass die Polstergruppe individuell und nach seinen Bedürfnissen hergestellt wird.» Dies habe der Kläger dem Käufer so mitgeteilt. Tatsächlich werde die Polstergruppe aber serienmässig produziert, und «niemand bezahlt 14'500 Franken für eine serienmässig hergestellte Polstergruppe».
Der an der Messe abgeschlossene Kaufvertrag gilt
Nach einer kurzen Pause erklärt die Einzelrichterin den Parteien, wie sie die Lage einschätzt. «Eingeklagt sind 5000 Franken, total geht es aber um 14'500 Franken.» Sie gehe von einem gültig abgeschlossenen Kaufvertrag aus. «Es dürfte für den Beklagten schwierig werden, zu beweisen, dass ein Rücktrittsrecht mündlich vereinbart worden sei.» Auch dürfte er kaum den Beweis erbringen können, dass die individuelle Produktion der Polstergruppe für ihn entscheidend für den Abschluss des Kaufvertrags gewesen sei.
Die Richterin schlägt den Parteien einen Vergleich vor. Der Beklagte soll der Firma 3000 Franken bezahlen. Die Gerichtskosten von 900 Franken solle jede Partei zur Hälfte übernehmen.
Die Möbelfirma möchte davon nichts wissen. Sie verlangt ein Urteil. Daraufhin offeriert der Käufer der Möbelfirma 7000 Franken, bei hälftiger Teilung der Kosten. Sie ist damit einverstanden – und der Streitfall somit erledigt.
Rücktrittsrecht: Diese Regeln gelten bei Verkaufsverträgen
Wer in der Schweiz eine Sache kauft, hat nur dann ein Rücktrittsrecht, wenn das vorgängig vereinbart wurde. Es gibt aber Ausnahmen von diesem Grundsatz: Wenn man am Telefon, zu Hause, auf öffentlichen Strassen und Plätzen oder auf einer Werbefahrt eine Sache erwirbt, kann man den Vertrag innert 14 Tagen rückgängig machen. Das gilt für Einkäufe für den Privatgebrauch ab 100 Franken. Kein Rücktrittsrecht besteht laut Gesetz bei Verträgen, die man auf Märkten und Messen abschliesst.