Die ehemaligen Mieter einer 5-Zimmer-Wohnung in Arbon TG sind vor kurzem Eltern geworden. Der Mann kommt allein zur Verhandlung am Bezirksgericht, die Frau schaut zum Baby. Die einstigen Vermieter, ein Paar im Rentenalter, begrüssen den 46-Jährigen erstaunt. Man ist per Du. «Welch Überraschung, dich hier zu sehen», sagt der Vermieter mit einem Schuss Ironie.
Wie das gemeint war, zeigt sich, als er im Gerichtssaal seine Klage begründet. «Wir entdeckten Anfang März 2023 zufällig, dass die Mieter Möbel in einen Zügelwagen luden.» Man habe sich dann auf eine Kündigung per Ende Juni geeinigt. Nach dem Auszug sei «alles voll mit Müll» gewesen: In der Küche seien Lebensmittel herumgestanden, im Zimmer ein Hometrainer. Bei einem Fensterflügel sei der Öffnungsmechanismus beschädigt worden. Und trotz langen Diskussionen sei nie richtig geputzt worden. Laut dem Vermieterehepaar war eine Weitervermietung Anfang Juli nicht möglich. Auch Nebenkosten seien noch offen.
Telefonisch waren die Mieter nach dem Auszug gemäss den Klägern nicht mehr erreichbar. «Sechs Einschreibebriefe an die neue Adresse kamen ungeöffnet zurück, und zum Schlichtungstermin beim Friedensrichter erschienen die beiden auch nicht», beklagt sich der Vermieter. Er macht vor dem Gericht eine Forderung von rund 7700 Franken geltend. Das sei der aktualisierte Schuldenstand vom Vortag – inklusive Verzugszins. «Den heutigen Stand habe ich noch nicht nachführen können», erklärt der Vermieter mit Hinweis auf den Verhandlungsbeginn um neun Uhr.
Das Abnahmeprotokoll lässt viele Fragen offen
Der Mieter lehnt die Forderung ab. Er und seine Partnerin würden zudem in finanziellen Schwierigkeiten stecken: das Baby, Jobprobleme sowie eine Krankheit. Er könne beim besten Willen nichts zahlen.
Die Einzelrichterin erkundigt sich beim Vermieter nach den einzelnen Schadensposten. Denn der vom Vermieter ausgedruckte Whatsapp-Chatverlauf, die eingereichten Fotos von Wohnung und Keller und das Wohnungsabnahmeprotokoll lassen viele Fragen offen. Dabei zeigt sich, dass die Rechnung einer Entsorgungsfirma über 1425 Franken unter anderem 50 gebrauchte Keramikplatten mit 1,4 Tonnen Gesamtgewicht aus dem Keller umfasst. Damit habe er nichts zu tun, sagt der Mieter. Auch die Kosten für die Reparatur des kaputten Fensterflügels will der Mieter nicht übernehmen. Der Schaden sei nicht ihm anzulasten – der Defekt sei beim Öffnen der Fenster infolge einer Fehlkonstruktion entstanden.
Vehement bestreitet er auch die geforderten 2975 Franken für die nachträgliche Reinigung. Diese sei nicht nötig gewesen. «Ich ging mehrmals putzen, einmal mit vier Leuten.» Zudem hätten die Vermieter die Rechnung selbst aufgesetzt. Auch die Nebenkostenabrechnung für den Zeitraum bis zum Mietende bestreitet der Mieter: «Wir waren ab März nicht mehr in der Wohnung und müssen darum nicht bis Ende Juni zahlen.»
Aus 7700 werden am Schluss 4500 Franken
Nach einer Stunde Hin und Her setzt das Gericht eine Verhandlungspause an und beugt sich über die eingereichten Unterlagen. Die Richterin schlägt einen Vergleich vor: Die Parteien sollen sich auf 4500 Franken einigen – der geforderte Betrag von 7700 Franken sei nicht genügend nachgewiesen.
Es dauert eine weitere Stunde, bis beide Seiten dem Vergleich zustimmen: Der Mieter und seine Partnerin verpflichten sich, jeden Monat eine Rate von 100 Franken abzustottern und die Schuld so bis zum Frühjahr 2028 zu tilgen. Die Gerichtsgebühr von 300 Franken teilen sich die beiden Parteien.
Wohnungsabgabe: Darauf müssen Mieter achten
Mieter müssen vor der Rückgabe einer Wohnung alle Räume vollständig leeren, gründlich reinigen und auch kleinere Reparaturen vornehmen – etwa Dübellöcher schliessen oder verstopfte Abläufe entstopfen. Ist ein Vermieter der Meinung, die Reinigung sei ungenügend, muss er eine Frist zur Behebung des Mangels ansetzen. Erfolgt keine Reaktion, kann er die Reinigung auf Kosten der Mieter veranlassen.
In der Regel erfolgt die Rückgabe der Wohnung bei einer gemeinsamen Besichtigung. Ein Abnahmeprotokoll hält allfällige Schäden fest. Mieter haften nicht für normale Abnützung und auch nicht für Schäden, die schon bei Mietantritt bestanden.
Wer mit dem Inhalt des Abnahmeprotokolls nicht einverstanden ist, bringt bei der entsprechenden Position einen Vermerk an oder unterschreibt es nicht.