E s ist ein Nachbarschaftsstreit der besonderen Art, der an diesem Nachmittag am Bezirksgericht Horgen ZH ausgetragen wird: Es geht um ein Gässchen zwischen zwei Liegenschaften. Dieses steht im Miteigentum beider Parteien, die nun vor Gericht die Klingen kreuzen. Der Kläger ist Eigentümer der einen ans Gässchen grenzenden Liegenschaft. Er selbst wohnt anderswo, die Wohnungen und Geschäftsräume seines Hauses hat er vermietet. Der Beklagten gehört die angrenzende Liegenschaft.
Sie betreibt dort mit ihrem Mann ein Restaurant. Der Kläger wirft der Frau vor, das Gässchen mit Tischen und Stühlen zuzustellen. Ein freier Durchgang sei für ihn und seine Mieter nicht mehr gewährleistet.
Auch habe die Klägerin auf den Pflastersteinboden eine Betonplatte gelegt und einen Geräteschuppen aufgestellt. «Das geht nicht, dafür wäre die Zustimmung des Miteigentümers des Gässchens notwendig», sagt der Anwalt des Klägers.
Die Beklagte ist nicht vor Gericht erschienen, sie lässt sich von ihrem Mann vertreten. Die Erfahrung, die sie mit dem Kläger im Verfahren vor dem Friedensrichter gemacht habe, sei «unter aller Sau» gewesen.
«Es ist uns immer um Lebensqualität gegangen»
Ihr Mann sieht sich vor Gericht mit einem weiteren Vorwurf konfrontiert: Das Paar habe einen Grenzpfosten auf dem gemeinsamen Grundstück «abtransportieren lassen». Der Kläger vermutet, dass das Paar damit mehr Platz für Beizentische und stühle auf der Gasse schaffen wollte. Er fordert von seiner Nachbarin, den Pfosten wieder zu montieren. In seiner Antwort gibt sich der Mann der Beklagten angriffslustig: «Sehr wahrscheinlich geht diese Sache bis vor Obergericht – wir sind darauf vorbereitet», sagt er.
In der Folge wird er aber kulanter: Die Gegenstände, deren Entfernung der Kläger fordert, seien «schon lange weg». Und falls es nicht gewünscht sei, würden sie für den Sommerbetrieb des Restaurants in der nächsten Saison auch nicht wieder aufgestellt.
Auch die Betonplatte lasse sich ohne grossen Aufwand «in den nächsten 24 Stunden» entfernen. Bislang sei darauf ein Abfallkübel platziert gewesen. «Wir können ihn an einen anderen Ort verschieben, doch würde der Gestank dann wohl die Mieter des Klägers stören», sagt der Mann. «Es ist mir und meiner Frau immer um Lebensqualität gegangen» – eine Ausführung, die der Kläger im Gerichtssaal mit einem Lachen quittiert.
Den Grenzpfosten habe er nicht abmontiert, sagt der Ehemann der Beklagten weiter. Folglich könne er ihn auch nicht wieder aufstellen.
Alle Bauten und Gegenstände werden entfernt
Schliesslich geht er zum Gegenangriff über: Auch der Kläger habe jahrzehntelang ohne Berechtigung einen Parkplatz auf der Parzelle genutzt und, ohne zu fragen, einen Zaun erstellen lassen. «Jemand, der sich selbst nicht an die Regeln hält, kann nicht einfach Klage einreichen.» Der Anwalt des Klägers bestreitet diese Darstellung.
Nach den Vergleichsverhandlungen unter Leitung des Einzelrichters einigen sich die Parteien gütlich: Die beklagte Restaurantbesitzerin verpflichtet sich, innerhalb von zehn Tagen sämtliche Gegenstände und Bauten vom gemeinsamen Grundstück zu entfernen – vor allem auch die «Betonplatte mit Fundament», wie es im Vergleich heisst. Weiter verpflichten sich beide Parteien unter Strafandrohung, ab sofort auf dem Grundstück keine Bauten mehr zu errichten oder Gegenstände aufzustellen.
Den Grenzpfosten muss der Kläger auf eigene Kosten montieren lassen. Die Parteien übernehmen die Gerichtskosten je zur Hälfte, die Beklagte zahlt dem Kläger eine Parteientschädigung von 800 Franken. Für die Gäste des Restaurants bedeutet die Einigung: Sie müssen laue Sommerabende künftig drinnen verbringen.
Das gilt bei gemeinsamem Immobilienbesitz
Gehört eine Sache oder ein Grundstück mehreren Eigentümern, spricht man entweder von Mit- oder Gesamteigentum. In beiden Fällen steht jedem Eigentümer eine Quote zu.
Die Anteile werden im Grundbuch verankert. Miteigentümer können über ihren Anteil grundsätzlich frei verfügen, diesen also auch verkaufen. Die ganze Sache dürfen sie jedoch nur insoweit gebrauchen und benutzen, als dies sich mit den Rechten der anderen Eigentümer verträgt. Gesamteigentümer können über ihre Anteile nur gemeinsam verfügen.