Sie habe ihren Arbeitsvertrag als Kuratorin Mitte September 2022 erhalten, erklärt die Klägerin dem Einzelrichter am Arbeitsgericht Luzern. Doch der Kunsthändler habe den Lohn nicht bezahlt. 4000 Franken brutto waren es gemäss Vertrag. «Im ersten Monat kam nichts, im zweiten Monat auch nichts», sagt die französische Künstlerin, eine elegante Frau Mitte fünfzig.
Tausend Mal habe sie nachgefragt, tausend Mal habe ihr Chef sie vertröstet. Sie wollte für den Job in die Schweiz umsiedeln. Ihr Chef habe sie darin bestärkt, eine Wohnung mit Atelier zu mieten. «Das Geld kommt», sei seine Standardantwort gewesen. Er müsse nur noch auf die Erlöse einer Auktion warten.
Sie habe Lohnabrechnungen erhalten, sagt die Kuratorin, «nur das Geld kam nicht». Das habe sie in eine «schreckliche Situation» gebracht. Das Migrationsamt verweigerte die Arbeitsbewilligung, weil kein Lohn bezahlt wurde. Nun sei sie bei Freunden verschuldet. Die Schweizer Wohnung habe sie erst nach sechs Monaten Kündigungsfrist aufgeben können. Sie fordert 29'500 Franken. Das entspricht gut sieben Monatslöhnen.
Der Richter gibt dem beklagten Ex-Arbeitgeber das Wort. Der Mann lobt die Kuratorin in höchsten Tönen als «hervorragende Künstlerin». Dann wird er spitzfindig. Trotz des schriftlichen Arbeitsvertrags, sagt der Kunsthändler, «ist unserer Meinung nach rechtlich gar kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen – weil nie ein Arbeitsantritt erfolgt ist». Er habe der Kuratorin keine Arbeit zuweisen können, da sie ja keine Arbeitsbewilligung gehabt habe. «Und falls doch ein Arbeitsverhältnis bestanden haben sollte, ist es beendet», schiebt der Mann nach. Ende Februar/Anfang März habe man eine abschliessende Abfindung vereinbart, weil die Firma nicht in der Lage sei, Lohn zu zahlen.
Die Kuratorin widerspricht. Sie habe gearbeitet, für Auktions- und Ausstellungsprojekte recherchiert, eine Dokumentation erstellt, telefoniert. Erst nach mehreren Monaten habe sie mal 17'500 Franken erhalten. Dann sei sie weiter hingehalten worden. Sie zeigt Whatsapp-Nachrichten, die das belegen. «Von einer Auflösung des Arbeitsvertrags war nie die Rede.» Eine Kündigung sei nie erfolgt.
Der Richter bittet einen Zeugen in das Verhandlungszimmer, einen Unternehmer von der Zürcher Goldküste. Er bestätigt, dem Kunsthändler finanziell ausgeholfen zu haben, damit er der Kuratorin 17'500 Franken habe zahlen können. «Als Sicherheit» habe er eine Buddha-Statue aus dem Fundus der Künstlerin erhalten. Er sei davon ausgegangen, dass der Arbeitsvertrag mit diesen 17'500 Franken per Saldo aller Ansprüche aufgelöst worden sei. Er könne nicht sagen, ob es dazu eine schriftliche Vereinbarung gebe oder ob eine Kündigung erfolgt sei. Es habe nur geheissen, damit sei «der Streit erledigt, der im Raume war». Später habe er den Buddha zurückgegeben. Der Kunsthändler sei für ihn tätig gewesen, die 17'500 Franken habe er mit dessen Honorar verrechnet.
Nun ist ein zweiter Zeuge an der Reihe, ein Freund der Klägerin. «Die Sache mit dem Buddha war grotesk», sagt der Unternehmer aus dem Oberaargau. Er habe die Kuratorin davon abzuhalten versucht, die Statue als Pfand für Lohnzahlungen zu geben. Der Richter fragt, wann das Arbeitsverhältnis denn geendet habe. «Meines Wissens endete es nicht», antwortet der Zeuge. An mehreren Treffen habe der Kunsthändler in seiner und der Gegenwart der Kuratorin beteuert, dass es weitergehe. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis Aufträge von Galeristen und Geld kämen. «Es waren angenehme Gespräche voller Hoffnung und Euphorie.»
Der Richter schlägt einen Vergleich vor. Ein Arbeitgeber habe Verantwortung für seine Angestellten. Wenn jemand nicht arbeite, müsse er abmahnen oder die Kündigung aussprechen. Ein Arbeitgeber dürfe auch aus wirtschaftlichen Gründen kündigen, «aber man muss das dann tatsächlich tun». Eine Kündigung könne der Kunsthändler aber nicht nachweisen. Anderseits liege die Kündigungsfrist bei nur einem Monat, deshalb sei die Forderung der Angestellten zu hoch. Man einigt sich auf 10'000 Franken, zahlbar in drei Raten. Die erste Rate ist Ende Juni fällig – dann erwartet der Kunsthändler Erlöse aus einer Auktion.
Besser schriftlich kündigen
Einen Arbeitsvertrag kann man laut Gesetz mündlich oder schriftlich kündigen. Das gilt sowohl für Arbeitgeber wie auch für Angestellte, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart worden ist. Ein Gesamtarbeitsvertrag zum Beispiel kann eine schriftliche oder eingeschriebene Kündigung verlangen.
Aus Beweisgründen empfiehlt sich bei allen Dauerverträgen eine schriftliche Kündigung. Das erleichtert bei Bedarf den Nachweis des Datums der Kündigung und hilft, Missverständnisse zu vermeiden. Entweder schickt man einen Einschreibebrief oder lässt sich den Erhalt bei einer persönlichen Übergabe auf einer Kopie der Kündigung bestätigen.