Die Summe, um die an diesem Herbstnachmittag am Bezirksgericht Zürich gestritten wird, ist klein. Die Beklagte, die den Betrag bezahlen soll, ist emotional aufgewühlt: «So viel Aufwand für eine Banalität. Ich verstehe das nicht.» Begonnen hatte alles mit einem defekten Computer. Er startete nicht mehr auf, weshalb die 70-Jährige ein Informatikgeschäft in Zürich aufsuchte.
Der Geschäftsführer, der den PC entgegengenommen hatte, schildert den Besuch der Kundin so: Sie habe gefragt, ob sich die Daten auf ihrem Computer retten liessen. «Ich antwortete ihr, dass dies davon abhänge, wo das Problem liege.» Man habe daraufhin vereinbart, dass der Fachmann den PC untersuchen und den Defekt ausfindig machen solle. Danach wollte man das weitere Vorgehen besprechen. Man habe sich auf ein Kostendach von 180 Franken geeinigt und dies in einem Formular festgehalten, sagt der IT-Fachmann.
«Später schaute ich mir den Computer wie vereinbart an und reinigte ihn noch.» Neben «viel Staub» sei ihm eine defekte Festplatte aufgefallen. Er habe der Kundin mitgeteilt, dass er ein Ersatzteil für 40 Franken bestellen könne. Und dass die Daten sich nur mit unverhältnismässigem Aufwand von einer externen Firma retten lassen würden.
«Ich bezahle nur, wenn sich die Daten retten lassen»
Die Kundin habe auf eine Bestellung des Ersatzteils verzichtet. Als sie ins Geschäft kam, um den Computer abzuholen, wollte sie bar bezahlen. «Ich hatte aber kein Retourgeld und sagte ihr, ich würde eine Rechnung schicken», erklärt der Fachhändler. Dies habe er wenig später auch getan. Eine Zahlung sei aber trotz mehreren Mahnungen nicht eingegangen.
Die 70-Jährige schildert die Vorgänge anders. Sie habe dem IT-Fachmann mitgeteilt, dass sie «nur die Rettung der Daten interessierte, sonst nichts». Das Kostendach von 180 Franken habe sie zur Kenntnis genommen: «Ich sagte aber, dass ich nur bezahle, wenn sich die Daten retten lassen.» Es sei richtig, dass sie die Rechnung beim Abholen des Computers habe bar zahlen wollen. «Ich war da viel zu nett und zu kooperativ», sagt sie. Wenig später habe ihr nämlich gedämmert, dass die vereinbarte Leistung gar nicht erbracht worden sei.
Der Kläger habe «überhaupt nichts gemacht». Beziehungsweise sei das, was er gemacht habe, nicht vereinbart worden. In der Folge sei sie mit Rechnungen «regelrecht bombardiert» worden. Sie reicht dem Gericht viele Kopien ein. Das Gerichtspersonal versucht die Unterlagen zu sortieren und sich einen Überblick zu verschaffen – mit mässigem Erfolg.
Die Richterin rät der Kundin, die Rechnung zu bezahlen
Klar wird, dass der Kläger auf seine Forderung von 180 Franken noch eine Mehrwertsteuer von rund 13 Franken, die Kosten für die Betreibung von 93 Franken sowie den Aufwand für das Schlichtungsverfahren von 65 Franken draufschlug. Total beläuft sich seine Forderung auf 351 Franken. Die Frau zeigt sich über einen Punkt besonders schockiert: Der Geschäftsführer habe ihr später auch noch das bereits unterschriebene Formular mit dem Kostendach zugestellt.
Dieses sei von ihm nachträglich abgeändert worden. Er habe es um den Punkt «ausgeführte Arbeit» ergänzt und die entsprechenden Analyse- und Reinigungsarbeiten dort aufgeführt. Die Richterin geht nicht näher darauf ein und präsentiert den Parteien seine rechtliche Einschätzung. Der relevante Teil des Formulars mit dem Kostendach sei von beiden unterschrieben worden. Daraus gehe hervor, dass es sich um einen Auftrag handle.
Deshalb bestand zwischen den Parteien ein Auftragsverhältnis und kein Werkvertrag mit einem konkreten Ergebnis, nämlich der Rettung der Daten. Die Richterin rät der Frau, die Hauptforderung von 180 Franken zu bezahlen. Die Mehrwertsteuer dürfe aber nicht draufgeschlagen werden. Die Parteien schliessen einen Vergleich: Die Kundin zahlt 180 Franken, der Geschäftsführer übernimmt die Kosten des Betreibungs- und des Schlichtungsverfahrens. Kläger und Beklagte teilen sich die Gerichtskosten.
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Auftrag oder Werkvertrag – das ist der Unterschied
Durch einen Werkvertrag verpflichtet sich der Beauftragte zur Herstellung oder Reparatur eines Produkts. Bei einem Auftrag hingegen verpflichtet sich der Beauftragte, die ihm übertragenen Geschäfte sorgfältig zu besorgen.
Beim Auftrag schuldet der Beauftragte kein bestimmtes Resultat – anders als beim Werkvertrag. Man sollte daher genau festlegen, welche Leistung und welches Ergebnis geschuldet ist, um Unklarheiten vorzubeugen. Oder man vereinbart einen «Fixpreis» für die Erledigung des Auftrags.