Die Parteien, die an diesem Nachmittag am Bezirksgericht Pfäffikon ZH dem Richter gegenübersitzen, haben unterschiedliche Erwartungen an die Verhandlung: «Wir wollen diese Sache beenden und sind kompromissbereit. Es geht ja um nichts», sagt der Beklagte. Die Klägerin dagegen zeigt sich angriffslustig. Für sie gehe es um viel, auch wenn der Streitbetrag nicht hoch sei. «Ich hatte wegen dieser Sache grossen Aufwand und Ärger», sagt sie.
Der Streit dreht sich um ein Bett. Die Frau hatte es vom beklagten privaten Verkäufer zum Kaufpreis von 250 Franken auf der Internetplattform Ricardo ersteigert. Das Bett weise verschiedene Mängel auf, sagt die Klägerin. Sie will deshalb den Kauf rückgängig machen. Zudem verlangt sie 100 Franken für die Entsorgung und den Ersatz für die angefallenen Verfahrenskosten. Ihre Forderung beläuft sich auf 590 Franken.
Die Frau bereitete ihre Begründung akribisch vor. «Ich setze mich gern mit dem Gesetz auseinander», erklärt sie. Gemäss dem Verkaufsinserat hätte sich das Bett in einem «sehr guten Zustand» befinden müssen. Auch auf den Fotos im Inserat habe sie keine Mängel erkannt.
Ihr Mann und ihr Sohn hätten das in Einzelteile zerlegte Bett am Wohnort des Verkäufers abgeholt. Dieser habe vor Ort auf fehlende Latten hingewiesen. Ihr Mann habe das Bett dennoch gekauft. Am zusammengebauten Bett stellte die Käuferin später mehrere Mängel fest: Es hätten nicht nur Latten gefehlt, einige seien auch kaputt gewesen. Auch die Seitenleiste habe gefehlt, und am Kopfteil habe sie einen Wasserschaden entdeckt. Sie habe den Beklagten wenige Tage nach dem Kauf per Whatsapp über die Mängel informiert. Doch dieser habe kein Entgegenkommen gezeigt und auch nicht zuverlässig geantwortet.
Vor dem Friedensrichter war keine Einigung zustande gekommen. Das Bett nutze sie zwar trotz den Mängeln, sie würde es aber gern loswerden, hält die Klägerin fest.
Lieferwagen «für den Transport nicht geeignet»
Der Beklagte lässt sich von seinem Sohn vertreten, da er selbst nicht gut Deutsch spricht. Der Sohn beantragt die Abweisung der Klage. Er weist darauf hin, dass keine Vorauszahlung vereinbart worden seit. Der Mann und der Sohn der Klägerin hätten das Bett zuerst vor Ort anschauen und dann über den Kauf entscheiden können. Sein Vater habe auf die fehlenden Latten und das Problem mit der Seitenleiste hingewiesen. Auf den Fotos im Internet sei auch erkennbar gewesen, dass die Seitenleiste des Bettes fehlte.
Der Beklagte und sein Sohn halfen, das Bett in den Lieferwagen zu laden. Dabei hätten sie festgestellt, dass das Fahrzeug «für den Transport nicht geeignet» gewesen sei, erklärt der Sohn, «üblicherweise werden damit Brathähnchen transportiert». Zudem sei der Wagen im Innern nass gewesen, und der Mann der Klägerin habe das Bett nicht gesichert. Die knapp zehn Kilometer lange Strecke vom Wohnort des Verkäufers zum Wohnort der Käuferin bezeichnet der Sohn des Beklagten als kurvenreich. «Wir gehen deshalb davon aus, dass die Schäden beim Transport verursacht wurden.»
Nach einer Beratungspause präsentiert der Einzelrichter seine Einschätzung: Einleitend stellt er klar, dass die Klägerin keine Entsorgungskosten verlangen könne, wenn sie eine Rückabwicklung des Vertrags verlange. Weiter führt er aus, dass sie für viele Mängel ein nicht zu unterschätzendes Beweisrisiko trage – sie habe ja bestätigt, dass das Bett ungesichert transportiert worden sei. Und die auf Ricardo veröffentlichten Fotos seien Vertragsinhalt: Falls auf den Bildern Mängel ersichtlich waren, gälten sie bei Vertragsschluss als akzeptiert.
Das Bett war nicht in einem «sehr guten Zustand»
Zugleich hält der Richter aber auch fest: Anders als im Inserat beschrieben, sei das Bett nicht in einem «sehr guten Zustand» gewesen. Die Chancen der Käuferin, in einem Prozess zu gewinnen, schätzt der Richter auf 70 Prozent. Dann unterbreitet er den beiden Parteien einen Vergleichsvorschlag: Die Klägerin soll ihre Forderung auf 200 Franken reduzieren. Das Bett könne sie mit Einverständnis des Beklagten behalten, Ersatz für Entsorgungskosten gebe es nicht. Die Gerichtsgebühren in der Höhe von 300 Franken werden geteilt. Die Parteien akzeptieren den Vergleich – auch die zuvor streitlustige Klägerin.
Mängel: Das sind die Rechte der Käufer
Ist eine gekaufte Sache mangelhaft, haben Käufer gemäss Gesetz die Wahl: Sie können den Kauf rückgängig machen oder bei geringeren Mängeln eine Reduktion des Kaufpreises fordern. Dies gilt immer dann, wenn nichts anderes abgemacht wurde.
In Verträgen über Occasionswaren wird häufig jede Garantie wegbedungen. Das ist zulässig, wenn der Käufer damit einverstanden ist und unterschreibt.
Buchtipp
Der saldo-Ratgeber So kommen Sie zu Ihrem Recht beantwortet die wichtigsten Fragen zum Prozessieren.