Zwei Tage vor Weihnachten nahm der Käufer der 2½-Zimmer-Wohnung in Zürich die Schlüssel entgegen. Er zahlte knapp eine Million Franken für das neue Zuhause. Die Freude an diesem Dezembertag im Jahr 2020 war gross – doch sie endete an der Eingangstür.
«Die Türe samt Rahmen war zerkratzt», erklärt die Anwältin des Wohnungsbesitzers der Einzelrichterin am Bezirksgericht Zürich. «Flecken an der Wohnzimmerdecke, ein Schuhschrank mit einer Tiefe von nur 33 Zentimetern.» Nicht einmal Kinderschuhe hätte man gerade hineinstellen können. «Geschweige denn die Schuhe der Grösse 41. Ich musste sie schräg reinstellen», fügt der Kläger an.
Der Blick ins Badezimmer brachte weiteren Frust: Die Realität wich stark von den Plänen ab, kritisiert die Anwältin. So sei in den Plänen eine ebenerdige Duschwanne vorgesehen gewesen. «Vor Ort stellte mein Mandant jedoch einen Absatz fest.» Und die Wasserablaufrinne sei in der Mitte der Duschzelle platziert gewesen, nicht auf der Seite, wie auf den Plänen eingezeichnet.
«Schrank war nur 13 Zentimeter vom Lavabo entfernt montiert»
Die Anwältin kritisiert auch die Installation der Waschtischmöbel: «Nur zehn Zentimeter trennen die beiden Waschbecken voneinander.» Und der Schrank sei nur 13 Zentimeter vom Lavabo entfernt montiert worden: «Es ist nicht möglich, das Gesicht zu waschen, ohne den Kopf am Möbel anzuschlagen.» Als Beweis präsentiert sie Fotos. Die Mängel seien bis heute nicht behoben worden. «Obwohl ich sie protokolliert und innert vertraglicher Frist von zwei Jahren beanstandet hatte», sagt der Eigentümer.
Vor Gericht fordert er nun von der Immobilienfirma eine Entschädigung für die Beseitigung dieser Mängel in der Höhe von 26'000 Franken. Diese Kosten umfassen unter anderem Malerarbeiten, Baumeisterleistungen sowie Schuh- und Waschtischmöbel. Ihr Mandant habe die Kosten gemäss marktüblichen Offerten kalkuliert, sagt die Anwältin.
Der Inhaber der Immobilienfirma, der die Wohnung verkaufte, ist ebenfalls mit einem Anwalt erschienen. Dieser bestreitet die Vorwürfe. Er verweist auf E-Mails zwischen den Beteiligten. Aus ihnen gehe hervor, dass der Wohnungsbesitzer der Immobilienfirma den Zugang zur Wohnung verweigert habe. «Mein Mandant konnte die Mängel nicht besichtigen.» Zudem seien diese erst 2022 gerügt worden. Und die Reklamation bezüglich der Verfärbung der Wohnzimmerdecke «erfolgte sowieso zu spät».
«Kläger verhinderte Nachbesserungen absichtlich»
Die Firma habe sich per E-Mail mehrmals bemüht, den Käufer zu kontaktieren – vergeblich. Der Firmeninhaber fügt an: «Ich schrieb ihm ausführlich, wie er die Möbel auf die Seite platzieren solle, damit der Maler seine Arbeit machen könne. Aber er antwortete nicht. Mehrmals bat ich ihn um ein Datum, wann wir vorbeikommen könnten. Doch er schwieg.»
Sein Anwalt sagt: «Der Kläger hat die Nachbesserungen absichtlich verhindert.» Die Kritik an der Wasserablaufrinne weist der Anwalt der Firma zurück. Sie sei technisch so nötig gewesen. «Und die Sache mit dem Lavabo und dem Möbel hören wir heute zum ersten Mal.» Bei der Bauabnahme habe der Käufer das nicht beanstandet.
Der Anwalt bestreitet auch die Mängel am Garderobenschrank. Dieser habe eine Tiefe von 36 Zentimetern und nicht wie behauptet 33 Zentimetern. Sein Mandant habe vorgeschlagen, schräge Tablare einzusetzen. «So gäbe es mehr Platz. Das hätte nur 340 Franken gekostet.» Doch der Kläger habe das abgelehnt. «Wieso soll mein Mandant einen neuen Schrank für 5000 Franken demolieren, wenn das Problem mit 340 Franken zu lösen wäre?», fragt der Anwalt.
Die Richterin schlägt den beiden Parteien einen Vergleich vor. Zeugenbefragungen und weitere Beweisaufnahmen würden grosse Mehrkosten verursachen.
Nach mehreren Beratungen zwischen Mandanten und Anwälten sowie hartnäckigem Feilschen stimmt der Inhaber der Immobilienfirma schliesslich zu, dem Wohnungskäufer knapp 8000 Franken zu zahlen. Die Gerichtskosten von 1400 Franken teilen die Parteien unter sich auf.
Diese Fristen gelten für Mängelrügen
Bei der Bauabnahme werden die Mängel in einem Abnahmeprotokoll festgehalten. Darin notieren die Parteien die entdeckten Mängel und bis wann diese von den Handwerkern zu beheben sind. Die Frist für die Beanstandung der Mängel hängt von der Vereinbarung im Kaufvertrag ab.
Ist nichts festgehalten, gelten die gesetzlichen Fristen. Das heisst, die Mängel müssen innerhalb der ersten paar Tage beanstandet werden. Häufig verweist der Vertrag auf die SIA-Norm 118. In diesem Fall haben die Kunden für die Mängelrüge zwei Jahre Zeit.