Hochbauzeichner Roger Toffol sorgt sich um seine Gesundheit. Der 55-Jährige aus Niedergesteln im Wallis arbeitet im Schichtdienst und ist oft angespannt. Zudem kommt er kaum dazu, Sport zu treiben. Toffol hatte das Gefühl, schlecht zu schlafen, und kaufte den «Sleep Analyzer» von Withings: eine kleine rechteckige Matte, die mit Sensoren und Stromanschluss ausgestattet ist. Die Matte legt man unter die Matratze. Dort erfasst das Gerät angeblich Daten zum Schlaf.
Toffol probierte den «Sleep Analyzer» aus. Nach unruhigem Schlaf irritierten ihn die Daten: «Nachts lag mein Puls laut Tracker nur bei 40 Schlägen pro Minute.» Sein Hausarzt veranlasste ein 24-Stunden-EKG, um Puls und Herzströme zu erfassen. Resultat: Puls und Herzströme waren normal, die Daten des «Sleep Analyzer» falsch.
Jens Acker, Chefarzt der Klinik für Schlafmedizin in Bad Zurzach AG, wundert das nicht: «Das ist ein typischer Fall.» Acker stellt seit einiger Zeit fest, dass mehr Leute zu ihm in die Klinik kommen, weil die Daten ihrer Schlaftracker sie verunsichern.
Neben Withings verkaufen weitere Hersteller Geräte, die den Schlaf messen. Bei Apple, Fitbit, Garmin und Polar übertragen Uhren am Handgelenk die Daten zum Handy, bei Oura ist es ein Fingerring.
Schlafanalysen erweisen sich oft als falsch
Bisher gibt es nur wenige unabhängige Studien zum Nutzen von solchen Geräten. Für eine norwegische Studie von 2022 rüsteten die Forscher zehn Teilnehmer mit je vier Schlaftrackern aus. Diese überwachten eine Woche lang den Schlaf. Darunter waren Geräte von Fitbit und Withings. Resultat: Jede dritte Schlafanalyse erwies sich als falsch.
Auch US-Forscher aus den USA kamen zum Schluss: Die Tracker messen den Schlaf nur ungenau. 2021 schickte das Naval Health Research Center in San Diego 34 Testpersonen mit Schlaftrackern für drei Nächte ins Schlaflabor und kam zu «schwachen Ergebnissen im Vergleich zu Messungen im Schlaflabor». Wache Phasen erkannten Tracker in 50 bis 80 Prozent der Fälle nicht.
Das Problem: Die Geräte erfassen nur wenige Parameter. Sie messen etwa die Bewegung beim Schlafen, den Puls, teurere Modelle auch die Atemfrequenz oder den Sauerstoffgehalt im Blut. Das seien «primitivste Methoden», sagt Schlafforscher Acker. Zuverlässige Daten über die Schlafqualität und mögliche Schlafstörungen liessen sich nur im Schlaflabor erfassen. Dazu müsse man Herz- und Hirnströme, Atmung, Körperlage sowie Bewegungen der Augen und Beine berücksichtigen, sagt Acker.
Hinzu kommt: Die Schlaftracker senden Elektrosmog aus, der seinerseits den Schlaf stören kann. Denn die Geräte übertragen die Daten über WLAN oder Bluetooth ans Handy.
Experten raten deshalb von solchen Geräten ab. Der Deutsche Till Roenneberg führt eine Firma für Schlafanalysen und sagt: «Die tägliche Rückmeldung des Trackers, wie schlecht man geschlafen habe, ist eine Katastrophe.» Wer keine Beschwerden habe, solle sich nicht zu sehr mit dem eigenen Schlaf beschäftigen. Und wer glaube, schlecht zu schlafen, solle ein Schlaftagebuch führen. Das helfe, Gewohnheiten vor dem Schlafen zu erkennen und allenfalls zu ändern.
Withings schreibt, seine Geräte würden den Schlaf auf der Basis von wissenschaftlich-klinischen Studien analysieren. Die App sei so konzipiert, dass sie eine möglichst «entspannende Erfahrung» biete. Die Ergebnisse solle man mit dem Arzt besprechen.
So schlafen Sie gut
- Halten Sie Ihr Schlafzimmer eher kühl.
- Benützen Sie das Bett nur zum Schlafen.
- Trinken Sie am Abend Tee oder warme Milch mit Honig und verzichten Sie auf Kaffee.
- Trinken Sie möglichst keinen Alkohol – er verhindert, dass Sie durchschlafen.
- Schalten Sie Fernseher und PC eine Stunde vor dem Zubettgehen aus. Das blaue Licht stört den Schlaf.
- Gehen Sie erst dann zu Bett, wenn Sie so müde sind, dass Sie die Augen fast nicht mehr offen halten können.