Für die Leasinggesellschaft erscheinen zwei junge Anwälte vor dem Gerichtspräsidenten und den zwei Richtern des Bezirksgerichts Bülach ZH.
Der rund 60-jährige Beklagte ist ein Geschäftsmann im Immobilienbereich. Er kommt in Begleitung seines Anwalts.
Die Anwälte der Leasinggesellschaft halten gleich zu Beginn fest: «Unsere Klientin ist Eigentümerin des Ferraris.» Sie habe das Auto an eine GmbH verleast. Der Geschäftsführer dieser GmbH habe den Ferrari unbefugt dem Geschäftsmann zur Sicherheit gegeben. Nun will die Gesellschaft das Auto vom Geschäftsmann zurück. «Das Pfand ist nicht gültig, weil der Empfänger nicht gutgläubig war», sagen die Anwälte. Der Geschäftsmann, der den Ferrari als Pfand erhielt, hätte den Nachweis verlangen müssen, dass der Wagen dem Geschäftsführer der GmbH gehört. Er hätte zum Beispiel die Fahrzeugpapiere verlangen können. Dies umso mehr, als sich der Geschäftsführer der GmbH in finanziellen Schwierigkeiten befunden habe. Das habe der Geschäftsmann gewusst.
«Unser Mandant war gutgläubig – aber nicht sorglos»
Der Anwalt des Geschäftsmannes ist anderer Meinung. Er legt dem Gericht dar, wie es zum Pfandvertrag gekommen ist. Sein Mandant habe dem Geschäftsführer der GmbH im Jahr 2006 mehrere Darlehen gewährt. Fünf Jahre später sei ein weiteres Darlehen über 600 000 Franken dazugekommen. Als Gegenleistung habe er dann den Ferrari als Faustpfand erhalten. Das bedeutet: Erhält er das Darlehen nicht zurück, darf er das Auto behalten. Dieses Faustpfand sei rechtsgültig. Sein Mandant sei gutgläubig gewesen – aber nicht sorglos: Deshalb habe er verlangt, dass der Verwaltungsratspräsident der GmbH bestätige, dass die Gesellschaft Eigentümerin des Ferraris sei. Erst nach Erhalt dieses Dokuments habe der Darlehensgeber den Pfandvertrag unterschrieben. «Er konnte davon ausgehen, dass die GmbH zur Verpfändung des Ferraris berechtigt war.»
Das Gericht macht einen Vergleich schmackhaft
Der Gerichtspräsident betont, die entscheidende Frage sei, ob der Geschäftsmann gutgläubig gewesen ist. Das Gericht tendiere dazu, diese Frage zu bejahen. Es sei sich aber noch nicht sicher. Deshalb rate er zu einem Vergleich: Die Leasinggesellschaft soll auf die Rückgabe des Ferraris verzichten und der Geschäftsmann soll ihr dafür 80 000 bis 100 000 Franken zahlen.
Doch die Parteien finden sich nicht. Das Gericht führt deshalb anschliessend ein Beweisverfahren durch. Dazu hört es unter anderem vier Zeugen an. Die drei Richter kommen zum Schluss, der Geschäftsmann sei gutgläubig gewesen, und weisen die Klage der Leasinggesellschaft ab. Der Darlehensgeber darf den Ferrari behalten.
Die Gerichtskosten von 17 650 Franken hat die Leasinggesellschaft zu tragen. Zudem muss sie dem Beklagten für dessen Anwaltskosten eine Entschädigung von 29 400 Franken bezahlen. Das macht total 47 050 Franken. Dazu kommen ihre eigenen Anwaltskosten.
Darlehen absichern: Am einfachsten mit einem Pfand
Wer jemandem ein Darlehen gibt, geht ein grosses Risiko ein: Im schlimmsten Fall wird er sein Geld nie wiedersehen – Vertrag hin oder her. Dann nämlich, wenn der Empfänger des Darlehens zahlungsunfähig wird. Dann hilft auch eine Betreibung nicht weiter.
Aus diesem Grund verlangen viele Darlehensgeber eine Sicherheit. Am häufigsten ist ein Pfand. Bei Hypotheken beispielsweise lassen sich die Banken ein Grundpfand geben. Also das Recht, das Grundstück zu verkaufen, für das das Darlehen bezahlt wurde, falls das geliehene Geld nicht zurückbezahlt wird. Daneben gibt es auch das Faustpfand. Das ist ein Gegenstand, den man verwerten kann, falls der Darlehensnehmer das geliehene Geld schuldig bleibt. Ein Faustpfandvertrag ist nur gültig, wenn das Pfand übergeben wird.
Als Faustpfand taugen nur Gegenstände, die dem Darlehensnehmer tatsächlich gehören. Denn sonst läuft der Darlehensgeber Gefahr, dass der wirkliche Eigentümer die Sache zurückwill. Deshalb sollten sich Darlehensgeber immer schriftlich bestätigen lassen, dass das Faustpfand dem Darlehensempfänger gehört. Nur wer gutgläubig ein Pfand erwirbt, darf es auch behalten, falls es in Tat und Wahrheit einer Drittperson gehört.
Alles Wichtige zum Prozessieren – im saldo-Ratgeber «So kommen Sie zu Ihrem Recht» (1. Auflage, 212 Seiten, Fr. 27.–).