Geld: Bei grünen Fonds sind Faktenblätter oft informativer als Ratings

Herausgeber von Fonds und Ratingagenturen werben mit der Nachhaltigkeit bestimmter Anlageprodukte. Doch an solchen «grünen» Behauptungen ist oft nicht viel dran. 

IT-Dienstleister Also, Emmen LU: Beim einen Ratingunternehmen in Sachen Nachhaltigkeit auf Platz 3, bei einem anderen auf Platz 105 (Bild: Keystone)

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saldo 14/2023

12.09.2023

Letzte Aktualisierung:
13.09.2023

Pascal Roth

Es gibt immer mehr «nachhaltige» Anlageprodukte. An der Schweizer Börse verdoppelte sich die Zahl angeblich grüner Indexfonds (ETF) in nur drei Jahren auf 464. Manche Banken verstärkten den Trend, indem sie ihre bisherigen Fonds kurzerhand umklassifizierten. Diese tragen nun den Zusatz «Nachhaltig» im Namen, obwohl der Inhalt fast derselbe ist wie zuvor (

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Für Anleger ist es schwierig, die Nachhaltigkeit von Anlagen zu beurteilen und zu erkennen, welche Behauptungen der Banken wirklich zutreffen. Das VZ Vermögenszentrum unterzog deshalb in einer Studie verschiedene Aspekte von nachhaltigen Anlagen einem Faktencheck. Hier die Resultate:

Umweltschutz: Die Abkürzung ESG gilt als Synonym für Nachhaltigkeit und ist oft in der Bezeichnung eines Fonds zu finden. Die Buchstaben stehen für Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Geschäftsführung). Die Auswertungen des VZ zeigen, dass die Umwelt bei ESG-Ratings in der Regel die kleinste Rolle spielt. Beispiel: Der Finanzkonzern MSCI gewichtet die Umweltkriterien im Schweizer Aktienmarkt mit nur 20 Prozent. Mit je 40 Prozent viel bedeutender sind die Bereiche Soziales und Geschäftsführung. Das ist aber nicht das, was Anleger von einer nachhaltigen Anlage erwarten. Und die Bewertung der Kriterien Soziales und Geschäftsführung beruht meist auf den eigenen Angaben der jeweiligen Unternehmen.
Klimaschutz: «Ob eine Investition in einen nachhaltigen Aktien-ETF einen positiven Einfluss auf das Klima hat, ist sehr fragwürdig», schreibt das VZ in der Studie. So haben etwa die Unternehmen im Index MSCI Japan einen deutlich geringeren CO2-Ausstoss als die Unternehmen des angeblich nachhaltigen MSCI Japan ESG Leaders. Grund: Die Titel im ESG Leaders werden nicht auf der Basis von CO2-Daten ausgewählt. Wer in japanische Unternehmen mit einem tiefen CO2-Ausstoss investieren möchte, sollte auf die Bezeichnungen «ESG Screened», «Enhanced» oder «Climate Paris Aligned» achten.
Ratings: Weltweit existieren rund 100 Ratingagenturen, die unterschiedliche Methoden bei der Bewertung von Unternehmen anwenden. Es gibt kein Gütesiegel, das Anlegern als seriöser Anhaltspunkt dienen könnte. MSCI beispielsweise arbeitet mit relativen Bewertungen. Es wird untersucht, wie gut ein Unternehmen im Vergleich zu anderen Unternehmen seiner Branche abschneidet. Damit erhält zum Beispiel die vorbildlichste Ölfirma (Best in Class) eine gute Bewertung. Nach MSCI sind Bewertungen von Morningstar/Sustainalytics verbreitet. Diese setzt auf eine absolute Betrachtung. Das heisst, sie analysiert, wie sauber und fair ein Unternehmen wirklich ist – unabhängig von der Konkurrenz in derselben Branche. Sustainalytics nutzt in der Analyse eigene Kriterien. Je nach Ratingagentur kann eine Firma also unterschiedlich bewertet werden. So ist beispielsweise der Luzerner IT-Dienstleister Also Holding AG gemäss Morningstar/Sustainalytics das drittnachhaltigste Unternehmen der Schweiz. Bei MSCI hingegen landet es auf dem 105. Rang – von den total 115 Schweizer Firmen, die von beiden Agenturen bewertet wurden.
Auswahl: Im internationalen Vergleich haben Schweizer Unternehmen hohe Standards was Umwelt, Mitarbeiter- und Unternehmensführung betrifft. Gemäss VZ ist ein Schweizer ETF ohne ESG im Titel deutlich nachhaltiger als ein ESG-ETF mit Aktien aus Schwellenländern.
Gebühren: Früher verlangten nachhaltige ETF höhere Gebühren als andere. Gemäss der VZ-Studie ist das heute kaum noch der Fall. Die durchschnittliche Jahresgebühr (TER, Total Expense Ratio) liegt für einen ETF mit Schweizer Aktien bei 0,24 Prozent. Mit 0,21 Prozent Jahresgebühr sind die nachhaltigen Schweizer Aktien-ETF günstiger.
Rendite: Viele ESG-Fonds schliessen Titel aus unerwünschten Branchen aus, etwa Waffen, Erdöl und Bergbau. Im Jahr 2022 verzeichneten aber genau diese Segmente die grössten Wertzuwächse. Darum schnitt der MSCI World SRI (Socially Responsible Investments) mit einem Minus von fast 22 Prozent schlechter ab als der MSCI World mit einem Minus von 17 Prozent. In früheren Jahren schnitten nachhaltige Anlagen hingegen oft besser ab als klassische Anlagen. Gemäss VZ lässt sich keine klare Aussage machen, ob nachhaltige Anlagen besser oder schlechter rentieren.

Fazit: Anleger sollten beim Thema Nachhaltigkeit kritisch sein und zumindest das Faktenblatt eines Fonds anschauen. Anhand der Wertschriften im Fonds können sie beurteilen, ob die Aktien der Unternehmen den eigenen Vorstellungen von Nachhaltigkeit entsprechen.

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