Für die eidgenössische Volksabstimmung vom 9. Februar über die Masseneinwanderungs-Initiative sagt das private Umfrageinstitut GfS 37 Prozent Ja- und 55 Prozent Nein-Stimmen voraus. Auftraggeberin solcher Umfragen ist die SRG. Ob es so herauskommt? Wer weiss? Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Frühere Abstimmungen haben jedenfalls gezeigt, dass die Umfragen häufig wertlos sind.
Zum Beispiel bei der Abstimmung Ende November 2013. «Mehrheit für SVP-Familieninitiative», titelten am 19. Oktober der Zürcher «Tages-Anzeiger» und der Berner «Bund». Und weiter unten meldeten die beiden Zeitungen: «Sehr gut im Rennen liegt die SVP mit ihrer Familieninitiative.»
Grund für diese Einschätzung war die erste Trendumfrage der SRG im Hinblick auf die Abstimmung von Ende November. Sie hatte ergeben, dass in der ersten Oktoberhälfte 64 Prozent für die Initiative waren, 25 Prozent dagegen.
Komplett andere Resultate schon vor der Minarett-Abstimmung
Herausgekommen ist es anders. Sechs Wochen später waren in der Abstimmung lediglich 42 Prozent dafür, 58 Prozent dagegen. Und nur gerade zweieinhalb Kantone stimmten zu. Für ein Ja hätten mindestens zwölf Kantone zustimmen müssen.
«Tages-Anzeiger» und «Bund» waren mit ihrer Einschätzung nicht allein. «Familieninitiative gemäss SRG-Umfrage populär», schrieb die «Neue Zürcher Zeitung». «Familieninitiative findet hohe Zustimmung», konnten die Abonnenten der «Berner Zeitung» lesen. «Klare Mehrheit für SVP-Initiative», hiess es in der «Zürichsee-Zeitung». Und die «Limmattaler Zeitung» fand, die Initiative sei «auf gutem Weg».
Fast alle Zeitungen, die über die Umfrageresultate berichteten, übernahmen von der Schweizerischen Depeschenagentur den Satz: «Sehr gut im Rennen liegt die SVP mit ihrer Familieninitiative.» Die kritischeren unter ihnen wandelten den Satz leicht ab, indem sie das Wort «sehr» strichen.
Dabei hätten die Zeitungsjournalisten gewarnt sein müssen. Nur vier Jahre ist es her, dass die SRG und das Umfrageinstitut GfS eine Schlappe erlitten. Noch zehn Tage vor der Minarett-Abstimmung publizierten sie Umfrageergebnisse, die auf ein Debakel der SVP hindeuteten (37 Prozent Ja). Schliesslich triumphierte die SVP (58 Prozent Ja).
GfS weist auf geringe Aussagekraft der Umfragen hin
Seither sind SRG und GfS vorsichtiger. Zwar hiess es auch in der «Tagesschau», «die Familieninitiative der SVP stösst auf viel Sympathie». Und: «Sie kommt überraschend gut an.» Eine GfS-Mitarbeiterin sagte sogar: «Im Moment sagen fast alle Ja.»
Doch der 94-seitige Bericht, den das Institut GfS verfasst hat, ist voller Relativierungen: «Der Stand der Meinungsbildung ist noch wenig fortgeschritten, weshalb die ersten Umfragewerte wenig bedeuten.» Oder: «Zu erwarten ist, dass die Meinungsbildung in diesem Fall erst noch einsetzt.»
Warum lässt die SRG dann überhaupt Umfragen machen, wenn die Meinungen noch gar nicht gebildet sind? «Das Konzept der Trendumfragen», erklärt SRG-Sprecher Daniel Steiner, «basiert auf zwei Befragungen vor der Abstimmung. Die zwei Momentaufnahmen erlauben uns, einen Trend zu eruieren.»
Und wie steht es um die Aussagekraft? Noch zehn Tage vor der Abstimmung zur SVP-Familieninitiative schrieb GfS in einem weiteren, diesmal 110-seitigen, Bericht: «Der Ausgang der Familieninitiative ist unsicher.» Und: «Der Ausgang der Volksentscheidung zur Autobahnvignette ist offen.» Vom versprochenen Trend keine Spur.
Was der Spass den Gebührenzahler kostet, behält die SRG geheim. Die Preise seien «branchenüblich», heisst es nur.