Am Kantonsgericht Zug geht es an diesem Freitag im Juni um einen elf Jahre alten Porsche Cayman S. Der etwa 45-jährige Kläger kaufte den Occasions-wagen vergangenes Jahr in einer Garage und fordert vom Garagisten sein Geld zurück. Denn der angeblich unfallfreie Wagen sei in Wirklichkeit ein Unfallauto.
Der Garagist erscheint nicht vor Gericht. Dafür betritt fünf Minuten nach Verhandlungsbeginn dessen Bruder den Gerichtssaal. «Mein Bruder ist krank, deshalb vertrete ich ihn heute an der Verhandlung», erklärt der etwa 35-Jährige. Er führe mit seinem Bruder die Autogarage.
Der Einzelrichter erteilt dem Anwalt des Klägers das Wort. Er stellt den Antrag, die Garage sei zu verpflichten, das Auto zurückzunehmen und seinem Mandanten den Kaufpreis von 23 500 Franken zu erstatten. Sein Klient habe den Porsche Cayman S im April 2018 in der Autogarage des Beklagten gekauft. Schon wenig später seien massive Mängel aufgetreten. Gangschaltung und Fahrwerk hätten repariert werden müssen.
«Mein Klient brachte dann das Auto in eine Porsche-Garage in Zug. Sie stellte fest, dass es sich beim gekauften Wagen um ein Unfallauto handelt.» Auch ein Schadenexperte habe das in einem Gutachten bestätigt. «Das Auto hatte am 29. November 2012 einen Totalschaden, der von der Basler Versicherung übernommen wurde.» Davon habe der Verkäufer nichts gesagt, sondern seinem Klienten im Vertrag die Unfallfreiheit des Autos zugesichert. Deshalb habe sein Klient Anspruch auf Rückgabe des Porsches und Erstattung des Preises.
Der Bruder des Beklagten sieht das anders: Das Auto sei zum Zeitpunkt des Verkaufs unfallfrei gewesen. Vor dem Abschluss des Kaufvertrags habe der Kläger eine Probefahrt mit dem Occasionsauto machen können. «Er stellte dabei keine Mängel fest.» Genau wie die erste Garage, die das Auto untersucht habe. «Erst die zweite Garage entdeckte Mängel.» Und diese zweite Untersuchung habe erst knapp drei Monate nach dem Autokauf stattgefunden. «Zu diesem Zeitpunkt haftet nicht mehr die Garage. Der Kläger muss den Schaden selbst tragen.»
Der Käufer habe es auch versäumt, den Schaden rechtzeitig geltend zu machen. Deshalb gelte der Mangel als genehmigt. Im Kaufvertrag sei die Haftung für Mängel ohnehin ausgeschlossen worden. Der Anwalt des Klägers bestätigt diesen Sachverhalt, sagt aber: «Der Beklagte hat meinem Mandanten auch die Unfallfreiheit des Porsches zugesichert.» Weil das nicht zutraf, werde der Garagist schadenersatzpflichtig. «Und zwar unabhängig davon, ob er von der Unfallfreiheit wusste oder nicht.» Die Mängelrüge sei im Übrigen nicht zu spät erfolgt. Der Totalschaden sei ein versteckter Mangel. «Er ist für einen Laien nicht erkennbar und muss erst gerügt werden, nachdem er entdeckt wurde.» Sein Klient habe ihn nach Erhalt des Expertengutachtens gegenüber dem Beklagten sofort geltend gemacht – somit noch rechtzeitig.
Der Bruder des Beklagten hält an -einem Standpunkt fest. «Wir betrügen niemanden», sagt er bestimmt. «Der Porsche war zum Zeitpunkt des Kaufs in einem Topzustand.»
Richter: Der Kläger hat den Mangel rechtzeitig gerügt
Der Einzelrichter gibt dem Kläger recht und verpflichtet den Garagisten dazu, die eingeklagten 23 500 Franken zu bezahlen. Bei der Unfallfreiheit eines Autos handle es sich um eine zugesicherte Eigenschaft. «Das Auto hatte aber bereits einmal einen Totalschaden», sagt der Richter. Das würden die Dokumente der Basler Versicherung beweisen. Damit liege ein versteckter Mangel vor. «Der Kläger hat ihn rechtzeitig gerügt.» Er könne daher den Kauf rückgängig machen und habe Anspruch auf den Kaufpreis.
Der Garagist muss dem Käufer zudem eine Prozessentschädigung von 7566 Franken zahlen und die Verfahrenskosten von total 3870 Franken übernehmen.
Gekaufte Ware immer sofort prüfen
Laut Gesetz müssen Verkäufer dafür einstehen, dass im Vertrag zugesicherte Eigenschaften der Kaufsache zutreffen. Sonst können Käufer den Vertrag rückgängig machen. Das heisst: die Ware zurückgeben und den bezahlten Preis zurückfordern. Zudem haben sie Anspruch auf eine Entschädigung des im Zusammenhang mit dem Kauf angefallenen Aufwands. Wichtig: Käufer sind verpflichtet, die erworbene Ware nach Erhalt sofort zu prüfen. Allfällige Mängel oder Abweichungen vom Vertrag sollten sie umgehend schriftlich rügen, versteckte Mängel sofort nach Kenntnis.