Schon mit 22 Jahren hatte P. G. aus St. Gallen einen lichten Haarschopf. Deshalb liess er sich Haare transplantieren. Der heute 32-Jährige zahlte beim Gesundheitsspezialisten Franc Sagarra in Schwarzenbach SG rund 4500 Franken dafür. Sagarra betreibt heute in Wermatswil ZH das Bioscreen Haartransplantations- und Gesundheits-Center.
«Das Resultat war nicht so gut wie erwartet», sagt G. Von den Hunderten verpflanzten Haaren überlebten nur wenige. Einige Jahre später liess er sich von Sagarra nochmals Haare verpflanzen, wieder mit einem kümmerlichen Resultat. Dabei habe er ihm volles Haar versprochen. Sagarra schreibt dazu, er verfüge über 39 Jahre Berufspraxis. Die Behandlungen fänden unter Aufsicht eines Arztes statt. Und er verspreche niemandem volles Haar.
G. wandte sich in seiner Not an den Zürcher Haarchirurgen Conradin von Albertini. Er ist auch Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Haartransplantation. «Dort ging es viel schneller, ich hatte weniger Schmerzen und das Resultat war viel besser», sagt G. Von Albertini erinnert sich an den ersten Augenschein bei ihm: «Haartransplantation ist mehr als hinten rausnehmen und vorne einsetzen.» Er behandle viele Männer mit missglückten Transplantationen. Viele würden sich schämen und die Haare unter einer Kappe verbergen. «Das ist tragisch. Sie sind geradezu entstellt.»
Jedes Haar wird samt Wurzel einzeln verpflanzt
Haartransplantationen sind komplex: Der Therapeut entnimmt aus der Nackenregion Haare und setzt sie an den kahlen Stellen wieder ein. Dafür schneidet er die Haare einzeln samt Wurzeln heraus. Dann macht er kleine Schnitte in die Kopfhaut und pflanzt die Haare wieder ein – hundert- oder gar tausendfach. Der Patient ist während des Eingriffs lokal betäubt. Die Operationen dauern bis zu acht Stunden und kosten teilweise über 10 000 Franken.
Im Internet finden sich neben Franc Sagarra viele andere Therapeuten ohne ärztliche Ausbildung. Zum Beispiel Alberto Sandon. Er ist Pflegefachmann und leitet die Haartransplantationen der Pallas Klinik in Olten SO. Laut eigenen Angaben hat er schon über 8000 Transplantationen durchgeführt. Oder Angela Lehmann. Sie ist Operationsassistentin und führt in Biel BE das Studio «Haare fürs Leben». Sie mache auch grosse Eingriffe, bei denen sie Tausende von Haaren operativ versetze.
Für den Zürcher Hautarzt Ralph Trüeb ist klar: Bei einer Haartransplantation handelt es sich um eine «invasive medizinische Tätigkeit». Deshalb sollten «nur Chirurgen den Eingriff machen, die hauptsächlich oder gar ausschliesslich Haare transplantieren». Um den erblich bedingten Haarausfall zu behandeln, sei medizinisches Wissen in Hygiene, Anästhesie und Nachsorge nötig. Das sieht auch von Albertini so.
Während des Eingriffs sollte ein Arzt anwesend sein
Nichtmediziner nützen rechtliche Grauzonen aus. Im Kanton Zürich sind solche Eingriffe erlaubt, wenn ein Arzt sie überwacht. Er muss laut Gesundheitsdirektion «während des ganzen Eingriffs anwesend sein». Die Berner Kantonsärztin Linda Nartey sagt, es müsste im Detail geklärt werden, «ob Haartransplantationen allgemein als chirurgische Eingriffe gewertet werden». Falls dem so wäre, dürften sie nicht delegiert werden. Im Kanton Solothurn dürfen Ärzte Haartransplantationen an «fachlich geeignete Personen» delegieren. Die Eingriffe müssen aber «unter Kontrolle und Aufsicht eines Arztes» durchgeführt werden.
Christoph Schänzle, Chefarzt Dermatologie der Pallas Klinik in Olten sagt, ein Arzt sei «während des gesamten Eingriffs sofort abrufbar». Damit sei die ärztliche Aufsicht «jederzeit in vollem Umfang gewährleistet».
Daniel Knutti leitet die Klinik in Biel, in der Operationsassistentin Angela Lehmann den Eingriff macht. Er sei beim Eingriff «entweder im Operationssaal, in der Sprechstunde oder im Büro – und jederzeit abkömmlich».
Die Krankenpflegerin Sonja Zahner führt in Zürich das Kosmetikstudie «Hair-Esthetic». Auch sie sagt, sie nehme Haartransplantationen nur unter ärztlicher Aufsicht vor. Die Ärztin Maria Petrus sei «immer im Praxisraum». Auf Nachfrage von saldo räumt Petrus jedoch ein, nicht ständig im Behandlungszimmer zu sein. Sie komme aber «immer wieder», um den Ablauf zu kontrollieren.
Therapien bei Haarausfall
Eine Haartransplantation kostet schnell 10 000 Franken. Für ein transplantiertes Haar fallen je nach Operateur rund Fr. 1.50 an. Die Krankenkasse übernimmt die Kosten nicht. Fragen Sie nach Ausbildung, Erfahrung und Erfolgsquote des Operateurs. Holen Sie Referenzen ein.
Tabletten mit dem Wirkstoff Finasterid oder eine Minoxidil-Lösung regen den Haarwuchs an. Sie sind wirksam, haben aber Nebenwirkungen wie Erektionsstörungen oder Depressionen (saldo 8/2018). Ob Haarwuchsshampoos etwas bewirken, ist wissenschaftlich nicht belegt.