Wer schnell isst, nimmt mehr Kalorien zu sich. Damit läuft er Gefahr, rasch dick zu werden. Das zeigt eine aktuelle Studie unter der Leitung von Christoph Beglinger, leitender Arzt am Universitätsspital Basel, veröffentlicht im Fachblatt «Physiology and Behaviour».
Laut dieser Studie nahmen Schnellesser im Durchschnitt 140 Kilokalorien mehr auf als Normalesser, bevor sich ein Sättigungsgefühl einstellte. Damit bestätigten die Wissenschafter frühere Studien.
Jeder Dritte versucht, Frust durch Essen zu kompensieren
Betroffen sind vor allem sogenannte Frustesser. Sie reagieren mit raschem Essen auf Stress, Ärger im Beruf oder Anspannung. Die Zürcher Ernährungsberaterin Gigia Mettler-Saladin sagt: «Frustessen ist immer ein aggressiv schnelles Essen.»
Eine finnische Untersuchung ergab, dass rund 30 Prozent der Frauen und 25 Prozent der Männer regelmässig essen, um Stress abzubauen. Für die Schweiz gibt es keine Daten.
Wer Frust durch Essen kompensieren will, steckt in einem Teufelskreis. Mit dem Essen legt man an Gewicht zu. Damit steigt der Frust, und man stopft noch mehr noch schneller in sich hinein. Stefanie Bürge vom Schweizerischen Verband der diplomierten Ernährungsberater weiss: «Meist merken dies die Betroffenen erst, wenn sie an Gewicht zugelegt haben.»
Doch es gibt Strategien, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Grundlage dazu ist eine Verhaltenstherapie, bei der man lernt, mit den Gefühlen umzugehen, die zum unkontrollierten Essen führen. Bürge empfiehlt, ein Essens- und Gefühlstagebuch zu führen. Betroffene tragen die Uhrzeit jeder Mahlzeit ein, wie sie sich dabei fühlen und was ihnen das Essen im Moment bringt.
Stefanie Bürge weiss: «Manche bekommen einen Schock, wenn sie lesen, wie häufig sie essen, ohne eigentlich Hunger zu haben.»
Vielfach geht es aber auch darum, akuten Essattacken konkret zu widerstehen. Der deutsche Ernährungswissenschafter und Buchautor Uwe Knop hat dazu ein einfaches Rezept: sich ablenken, bis der Anfall vorbei ist – mit Musik hören, einem Spaziergang oder Umhergehen im Raum. Auch bewusstes Ein- und Ausatmen könne helfen.
Eine Übersichtsstudie im «International Journal of Neuroscience» zeigt zudem, dass eine Fussmassage, zum Beispiel mit einem Tennis- oder Noppenball, das Stresshormon Cortisol im Blut senkt.
Eine Tasse Schwarztee kann gegen Heisshunger helfen
Längerfristig müssen sich Betroffene Alternativen zum Kühlschrank suchen. Ernährungsberaterin Bürge weiss: «Häufig fehlt einfach nur ein Ausgleich zum Alltag und zur Arbeit.» So unterschätze man die Wirkung von Hobbys. Sie würden verhindern, dass man seine Freizeit einfach auf dem Sofa totschlägt und dazu Schokolade verdrückt.
Auf lange Sicht hilft auch Yoga. Bürge: «Man nimmt dadurch seinen Körper besser wahr.» Regelmässig an einer Tasse mit Schwarztee zu nippen nützt ebenfalls gegen den Stresshunger, wie eine kürzlich in der Fachzeitschrift «Psychopharmacology» publizierte Studie zeigt. Durch den Konsum von Schwarztee hatte sich nach einigen Wochen bei den rund 70 Testpersonen die Menge des Stresshormons Cortisol im Blut halbiert.
Die meisten Betroffenen schaffen es, allein und ohne Psychologe oder Arzt vom Frustessen loszukommen. Wenn die Ursache für die schlechte Stimmung jedoch schwerer wiegt, wie etwa bei einer Depression, dann braucht es professionelle Hilfe.
Forum: Haben Sie ein Rezept gegen Essattacken?
Schreiben Sie an: saldo, Postfach 723, 8024 Zürich, redaktion@saldo.ch. Oder diskutieren Sie im Internet unter www.saldo.ch.