Josef Bachmann ist 68-jährig, aber kein gewöhnlicher Rentner. Er war bis 2017 Chef der Pensionskasse des Beratungsunternehmens Pricewaterhouse Coopers. Heute sammelt Bachmann Unterschriften für seine Initiative «Vorsorge Ja – aber fair».
Im Initiativtext heisst es: «Bereits laufende Altersrenten der beruflichen Vorsorge können in moderaten Schritten gesenkt werden.» Das ist für viele Rentner eine Provokation. Denn nach dem geltenden Recht dürfen die Renten der 2. Säule den Betrag nicht unterschreiten, der bei der Pensionierung bezahlt wird. Erhöhungen wie Anpassungen an die Teuerung hingegen sind möglich, aber nicht vorgeschrieben.
Zudem wollen die Initianten erreichen, dass das Rentenalter «regelmässig an die Lebenserwartung» angepasst wird. Laut Bachmann liegt das «natürliche Rücktrittsalter» aktuell bei «etwa 70 Jahren». Die Erhöhung des Pensionsalters schwebt den Initianten nicht nur für die Pensionskasse vor, sondern auch für die AHV.
Mit den vorgeschlagenen Massnahmen soll die angebliche «Umverteilung» von Pensionskassengeldern von Jung zu Alt reduziert werden. Tatsache ist aber: Es wird zwar viel Geld umverteilt, aber nicht von den Erwerbstätigen zu den Rentnern – sondern zu den Pensionskassen. Grund: Die Pensionskassen verzinsen die Gelder der Versicherten viel zu tief – weit unter ihren tatsächlichen Erträgen. Die Differenz landet nicht bei den Rentnern. Sie fliesst in die Reserven der Kassen. Das ist der Grund dafür, dass die Vermögen der Kassen von Jahr zu Jahr steigen. 2018 betrugen die Reserven in der 2. Säule 134 Milliarden Franken (saldo 9/2018).
Einzelne Pensionskassen geben bereits zu, dass ihre Rückstellungen zu hoch sind. Zum Beispiel die Vorsorgeeinrichtung Invor. Im Februar schrieb sie ihren Versicherten, dass die Renten 2019 nicht an die Teuerung von 1,1 Prozent angepasst würden. Hingegen werde eine Rückstellung aufgelöst und den erwerbstätigen Versicherten «eine Gutschrift auf ihr Alterskapital von 1 Prozent gewährt».
Das ist eine klare Bevorteilung der Aktiven gegenüber den Rentnern. Doch das verwundert nicht, denn die Rentner sind in den Stiftungsräten der Pensionskassen nicht vertreten. Das bringt den unabhängigen Pensionskassenexperten Jürg Jost in Rage: «Die Stiftungsräte entscheiden über Personen, ohne dass diese mitbestimmen können.» Das Parlament habe schon mehrmals die Vertretung von Rentnern in Stiftungsräten abgelehnt. Meist mit der Begründung, dass die Renten gesetzlich garantiert seien. Doch genau das will Josef Bachmann nun ändern.
«Das könnte den Gang zur Sozialhilfe zur Folge haben»
Verlierer der Initiative «Vorsorge Ja – aber fair» wären gemäss Jost vor allem Rentenbezüger mit kleinen und mittleren Renten: «Für diese Pensionierten würde eine Kürzung oft einen neuen oder erhöhten Anspruch auf Ergänzungsleistungen oder gar den Gang zur Sozialhilfe zur Folge haben.» Sprich: Die wohlhabenden Pensionskassen würden Ausgaben sparen – dafür müssten die Gemeinden und somit die Steuerzahler für die verarmten Rentner einspringen.
Diese Leute wollen die laufenden Renten kürzen
Das Initiativkomitee für tiefere Renten bei Pensionierten setzt sich vor allem aus Leuten zusammen, denen die Interessen der Pensionskassen sowie der Versicherungs- und Finanzwirtschaft näher liegen als die Sorgen und Nöte
der Pensionierten. Einige Beispiele:
Bruno Pezzatti, FDP-Nationalrat aus Edlibach ZG, sitzt unter anderem im Beirat des Krankenversicherers Groupe Mutuel, der auch im Pensionskassengeschäft tätig ist.
Der Luzerner SVP-Nationalrat Franz Grüter ist Stiftungsratspräsident der Aetas-Pensionskasse und Mitglied des Verwaltungsrats der Luzerner Kantonalbank.
Der Zürcher Alt-SVP-Nationalrat Toni Bortoluzzi präsidiert das «Vorsorgeforum – Portal zur beruflichen Vorsorge der Schweiz», Komiteemitglied
Peter Wirth ist dessen Geschäftsführer.
Emmanuel Vauclair ist Geschäftsführer der SRG-Pensionskasse PKS/CPS.
Ueli Renz war Generalagent der Basler Versicherung.
Heinz Hartmann ist Finanzchef von Pricewaterhouse Coopers und Stiftungspräsident der firmeneigenen Pensionskasse. Der Hauptinitiant, Josef Bachmann, war bis 2017 Geschäftsführer dieser Pensionskasse. Pricewaterhouse Coopers ist spezialisiert auf Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatung.
Der Jurist Othmar Baumann leitete die KMU-Pensionskasse der Versicherung Winterthur-Leben.
Manuel Bachmann arbeitet als Finanzberater bei der UBS.