Sechs Jahre lang arbeitete ein gut 50 Jahre alter Aargauer in einem Unternehmen für Hauswartung, Liegenschaften- und Facility-Service als Bereichsleiter Hauswartung. Im Sommer 2013 entliess ihn sein Chef aus heiterem Himmel – und sogar fristlos. Dagegen wehrt sich der ehemalige Angestellte am Bezirksgericht Baden. Er verlangt drei Monatslöhne bis zum Ablauf der Kündigungsfrist in der Höhe von insgesamt 32 100 Franken. Zudem fordert der Anwalt eine Entschädigung wegen ungerechtfertigter fristloser Entlassung von drei weiteren Monatslöhnen – insgesamt also gut 60 000 Franken.
Vor dem Arbeitsgericht in Baden erscheint der Entlassene in Begleitung seines Anwalts. Das fünfköpfige Gericht ist aus einer Präsidenten sowie vier Arbeitsrichtern zusammengesetzt. Der Anwalt des Klägers begründet die Klage: Der Arbeitgeber habe sich während des langjährigen Arbeitsverhältnisses nie über seinen Mandanten beschwert. Im Gegenteil: Er habe ihn stets gelobt. Trotzdem sei ihm am 6. August 2013 plötzlich fristlos gekündigt worden. Begründet habe dies der ehemalige Vorgesetzte mit angeblich «despektierlichem Verhalten gegenüber anderen Mitarbeitern», einer «ungenügenden Vorbildfunktion» sowie «Unehrlichkeit». Nichts daran sei wahr. Die fristlose Entlassung sei absolut ungerechtfertigt und deshalb der eingeklagte Betrag geschuldet.
«Ich verknurrte die Mitarbeiter nie zu Überstunden»
Auch das Unternehmen lässt sich durch einen Anwalt vertreten. Dieser beantragt, dass die Klage abgewiesen wird. Laut Geschäftsführer hätten die Leistungen des Klägers nicht mehr genügt, und andere Mitarbeiter hätten sich über ihn beschwert. Er habe sie zu Überstunden gezwungen und ihnen mit der Kündigung gedroht. «Das Fass zum Überlaufen brachte, dass mir ein Hauswart einer anderen Firma sagte, dass der Kläger schwarz arbeitet.» Dieser habe nämlich über längere Zeit Fenster mit den Maschinen der Beklagten gereinigt – «und das Entgelt in den eigenen Sack gesteckt». Mitarbeiter hätten ihm gesagt, sie hätten dem Kläger übers Wochenende die Maschinen vorbeibringen müssen, damit dieser die privat angenommenen Aufträge erledigen könne. Der ehemalige Bereichsleiter wehrt sich: «Ich verknurrte die anderen Mitarbeiter nie zu Überstunden und drohte ihnen nie mit einer Kündigung.» Auch habe er nie mit Maschinen der Firma Arbeiten für Dritte gemacht, für welche er dann selbst abkassiert habe.
Nach einer kurzen Pause sagen sieben Zeugen aus. Bis auf einen stützen dabei alle die Angaben des Entlassenen.
Für dessen Anwalt steht deshalb fest: Sein Mandant sei aufgrund von Vorfällen entlassen worden, die der Chef vom Hörensagen kannte. Der Geschäftsführer habe versucht, seinen Klienten unter einem fadenscheinigen Vorwand loszuwerden. Die fristlose Entlassung sei gesetzeswidrig.
Der Anwalt des Geschäftsführers bezweifelt die Glaubwürdigkeit der Zeugen: «Sie kennen einander alle gut.» Einer von ihnen habe aber bestätigt, dass der Hauswart schwarz gearbeitet habe. «Der Kläger erbrachte am Ende seine Leistungen nicht mehr.» Die Illoyalität habe dann zur fristlosen Kündigung geführt.
Keine der Parteien will über einen Vergleich verhandeln. Deshalb muss das Gericht entscheiden. Es heisst die Klage gut: Dem Arbeitgeber sei es nicht gelungen, einen wichtigen Grund für die fristlose Kündigung zu beweisen. «Deshalb war sie ungerechtfertigt.» Die Firma wird schliesslich verpflichtet, drei Monatslöhne für die normale Kündigungsfrist zu bezahlen sowie eine Strafzahlung in der Höhe von zwei weiteren Monatslöhnen – zusammen 53 500 Franken. Ausserdem muss das Unternehmen die Gerichtskosten von 6350 Franken übernehmen und dem Kläger für dessen Anwalt eine Parteientschädigung von 10 090 Franken leisten.
Schlechte Leistung genügt nicht für fristlose Kündigung
Arbeitgeber dürfen Angestellte nur bei sehr schwerwiegenden Vorfällen fristlos entlassen. Für den Betrieb muss unzumutbar sein, das Arbeitsverhältnis bis zum Ende der Kündigungsfrist weiterzuführen. Schwerwiegende Gründe sind für die Gerichte beispielsweise Straftaten zulasten des Unternehmens, eine Konkurrenzierung des Arbeitgebers oder Vergehen gegen Mitarbeiter. Allein wegen ungenügender Leistung hingegen dürfen Angestellte nie fristlos entlassen werden.
Arbeitgeber, die eine fristlose Entlassung aussprechen, ohne hieb- und stichfeste Gründe dafür zu haben, gehen ein grosses finanzielles Risiko ein: Sie müssen damit rechnen, dem Entlassenen nicht nur den Lohn für die normale Kündigungsfrist bezahlen zu müssen, sondern zusätzlich bis zu sechs Monatslöhne wegen ungerechtfertigter fristloser Kündigung. Je länger das Arbeitsverhältnis dauerte, desto höher die Entschädigung.